Werfen an der Salzach – wer kennt es? Zumindest die Burg Hohenwerfen sehen alle, die die Autobahn von Salzburg nach Villach nehmen. Anhalten können die wenigsten auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, denn dafür müsste man die Autobahn verlassen und ein kleines Stück auf der Landstraße genau an der Salzach entlangfahren. Das haben wir vom Museumsverein Burg Posterstein getan und sogar noch den Tourismus durch Einkehren und Übernachten gefördert. Denn so war das auch im 19. Jahrhundert, also vor etwa 200 Jahren, als der Alpentourismus eine erste Blüte erlebte und Salzburg zum Sehnsuchtsziel für Künstler und Erholungssuchende avancierte.
Im Salzburgmuseum in der Neuen Residenz am Mozartplatz beschäftigt sich eine ganze Abteilung damit, wie die Stadt zum Mythos wurde. Dort finden sich auch die Zeichnungen oder die Drucke davon, die Ernst Welker (1784–1857) und seine Malerfreunde Friedrich Philipp (1779–1840) und Heinrich Reinhold (1788–1825), Johann Adam Klein (1788–1825) und Johann Christian Erhard (1795–1822) während ihrer Exkursion 1818 von Wien in die Alpenstadt fertigten. Sie zeichneten die Berge um Salzburg, saßen auf der Kanzel bei Aigen, heute ein Stadtteil von Salzburg, zogen nach Berchtesgaden zum Watzmann und an den Königssee.
1831 kam Ernst Welker noch einmal in die Gegend. Er schloss sich einer Gruppe von reisenden Malern an, darunter Friedrich Gauermann (1807–1862), Johann Fischbach (1797–1871), Franz (1787–1868) und Wilhelm Steinfeld (1816–1854) sowie Franz Gruber (wahrscheinlich der Maler Franz Xaver Gruber (1801–1862)). So, wie hier von Johann Fischbach gezeichnet, sah Aigen zu dieser Zeit aus:
Heute ist dieser Blick so nicht mehr nachzustellen, denn das Tal ist komplett bebaut.
Bevor sie Salzburg erreichten, wanderten Ernst Welker und seine Künstlerfreunde die Salzach entlang und erfreuten sich an der Gebirgslandschaft. In Folge 9 unseres Podcasts „LeseZEIT auf Burg Posterstein“ liest Franziska Huberty aus Heinrich Reinholds anschaulichen und ausführlichen Reisebericht.
Dabei erblickten eine ganz außergewöhnliche Burganlage. Diese hielt der Maler Ernst Welker, dem das Museum Burg Posterstein 2022 eine ganze Ausstellung widmete, mit Bleistift und Pinsel fest. Anders als den Touristen 200 Jahre später, standen ihm weder Eisenbahn, noch Auto und schon gar nicht Fotoapparat oder Handy zur Verfügung. Der Blick für die Ewigkeit, den der Künstler sicher zunächst seinem Skizzenbuch anvertraute, fand später als ausgearbeitete Zeichnung den Weg in die Museen. Ein Exemplar des Blickes auf Hohenwerfen von Ernst Welker befindet sich im Museum Burg Posterstein, ein etwas abgewandeltes Blatt in der berühmten Albertina in Wien.
Aufgestiegen zur Burg ist Ernst Welker wohl eher nicht. Dies gestaltete sich auch schwieriger als heute, da sich die Burganlage inzwischen in staatlichen Händen befindet und ein Aufzug den zahlungswilligen Besucher in Windeseile den Berg hinauf- und wieder herunterbringt. Nach der Säkularisierung 1803 stand die Burg unter Herrschaft der Bayern, die die Anlage verfallen ließen. Keine Chance also für unsere Malerfreunde auf eine Einladung.
Heute kann man die Burganlage also bequem per Aufzug erreichen und per Führung erkunden. Die inhaltliche Vermittlung der „Erlebnisburg“ lässt unserer Meinung nach zwar noch Luft nach oben, aber die Burg selbst ist sehenswert. Sie ist trotz eines Brandes des Hauptgebäudes 1931 eine großartige, geradezu bilderbuchhafte Burganlage, die alles bereithält, was die mittelalterliche Burgenarchitektur zu bieten hatte.
Es bleibt die Aufforderung an den Besucher des 21. Jahrhunderts: Entschleunigt doch einmal eure Reise von und nach den Süden und lauft die Salzach entlang, haltet den Blick auf die Burg Hohenwerfen nicht nur auf einem bald vergessenen Handyfoto fest, sondern erkundet die Burg, um dann vielleicht auch noch Salzburg und seine Umgebung zu durchstreifen.
Von Sabine Hofmann / Museumsverein Burg Posterstein
Lesetipp: Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland
Erstmals stellt ein Buch den Künstler Ernst Welker in den Mittelpunkt. Es ist über das Museum Burg Posterstein bestellbar.