Die Münchner Kulturexpertin Tanja Praske bewarf uns am vergangenen Mittwoch mit diesem Blockstöckchen, das gerade eine Art Staffellauf durch verschiedene Blogs macht. Wir haben versprochen, 20 nicht so bekannte Fakten über das Museum Burg Posterstein aus unseren Archiven zu graben und sie euch hier kurz und übersichtlich aufzulisten.
Die Burg zwischen Sage und Wirklichkeit
1. Goldene Kugel mit Inhalt:
Fangen wir ganz oben an. Auf dem Turm befindet sich eine goldene Kugel mit Wetterfahne. Bei der Restaurierung 1984 füllte man den so genannten Turmknopf mit tagesaktuellen Zeitungen, aktuellen Broschüren, Münzen, Fotos, Postkarten und kurzen statistischen Angaben zur Gemeinde Posterstein. Wer den Turmknopf wohl als nächstes öffnen wird?
2. Gefangen auf Burg Posterstein:
Das mittelalterliche Verlies der Burg Posterstein befand sich im unteren Teil des Bergfrieds und war 6,50 Meter tief aus dem Fels herausgehauen. Noch im 16. Jahrhundert lässt sich die
Benutzung als Gefängnis nachweisen. Heute wird nur noch selten jemand auf Burg Posterstein eingesperrt, zuletzt vor einigen Jahren zwei Besucher, die zu lange nach Museumsschluss unbemerkt die Aussicht vom Burgturm genossen hatten.
3. Geheime Gänge:
Der Geheimgang der Burg führte im Mittelalter etwa 60 Meter tief nach unten durch den Berg ins Freie. Das war für die Sicherheit der Wehranlage notwendig, um im Ernstfall die Versorgung sicher zu stellen oder einfach nur die Flucht anzutreten zu können. Eine versteckte Treppe im Gerichtsraum gibt es heute noch.
4. Fiktion rund um die Burg:
Die Burg Posterstein bildet die Kulisse für mehrere Geschichten. Nicht nur, wenn die Burggeister Posti und Stein im Kinderbuch „Ein Fall für Posti und Stein“ ergründen, wer außer ihnen noch in der Burg spukt. Auch der Film „Erik und Maria“ spielt auf der Burg und das Kinderbuch „Das Werk des Johannis Hopf“ von Christiane Vogel beschäftigt sich mit der Sage von der Burgkirche. Weitere Sagen ranken sich um das Dorf und die alte Burg.
5. Die Postersteiner Kirche unter großen Kameraaugen:
Im Juli 2013 stand die Burgkirche Posterstein im Mittelpunkt der MDR-Sendung „Spur der Schätze“, wo ein Fernsehteam zusammen mit Museumsmitarbeitern, Restauratoren und anderen Fachleuten der Sage des Johannis Hopf und der mysteriösen Herkunft des Schnitzwerks auf den Grund gehen wollte. Es entspannt ein interessanter Film, der heute aber leider nicht mehr in der MDR-Mediathek verfügbar ist.
6. Ein Bischof war Mitbesitzer
Im 16. Jahrhundert gehörte die Burg Posterstein dem meißnerischen Adelsgeschlecht der Pflugke. 1528 erwarben die Brüder Julius, Haubold, Tham, Andreas und Christoph von Pflugk das Anwesen. Julius wurde später Bischof in Naumburg, während sein Bruder Haubold den Postersteiner Besitz entscheidend festigte. Wegen religiösen Konflikten mit dem Landesherren, ging Julius Pflugk zeitweise nach Mainz ins Exil. Er war zeitlebens um Ausgleich zwischen Katholiken und Protestanten bemüht.
7. Wolf Conrad von Thumbshirn und der Westfälische Frieden
Ein späterer Besitzer Postersteins, Georg Dietrich von Pflugk, war mit einer Tochter von Wolf Conrad von Thumbshirn (1604 -1667) verheiratet. Der Mann mit dem auffälligen Namen war Hof- und Justizrat, später Geheimer Rat und Kanzler sowie Obersteuereinnehmer am Altenburger Hof und seit 1640 Abgeordneter des Herzogtums Sachsen-Altenburg auf dem Reichstag in Regensburg. Als Gesandter des Herzogtums für die Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück wählte man ihn in das Direktorium des Evangelischen Fürstenrates und dort als Verhandlungsführer. Diplomatisch geschickt, war er maßgeblich am Zustandekommen des Westfälischen Friedens von 1648 beteiligt und unterzeichnete diesen mit.
8. Der Laptop des Mittelalters
In der Ausstellung kann man ein sogenanntes „Reisebureau“ aus der ersten Hälfte 17. Jahrhunderts sehen. Diese Reisetruhe, mit Tragegriffen, beschlagen mit geprägtem Messingblech und Eisenbändern ist ein sehr seltenes Exponat. Sie besteht aus zwei Etagen, mit acht bzw. fünf Schubkästen zum Aufbewahren von Schreibutensilien. Solche Truhen führten nicht nur Juristen auf ihren „Dienstreisen“ mit sich, sondern sie gehörten auch zur Ausstattung der Sprösslinge von Adligen auf der „Kavalierstour“. – Sowohl Juristen als auch wohlbetuchte und nicht so wohlbetuchte Sprösslinge haben heute stattdessen ihren Laptop bei sich.
9. Exotische Früchte: die Frucht einer Steinnusspalme aus Südamerika
Die Samen der Früchte der Steinnusspalmen nennt man Steinnüsse. Sie kommen aus den tropischen Gebiete Südamerikas. Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurden im Thüringischen Schmölln aus diesen Steinnüssen Knöpfe. Steinnüsse wurden in jener Zeit von Schiffen, die ohne Fracht von Amerika nach Deutschland zurückfuhren, als Ballast geladen, um dann vor allem im Hamburger Hafen billig verkauft zu werden. Nachdem sie sich in Berlin inspirieren lassen hatten, begannen die Schmöllner Brüder Donath 1867 mit der Steinnussknopffabrikation mittels Handdrehbänken. 1870 kaufte Hermann Donath die erste Dampfmaschine. Schon 1914 war man Weltmarktführer in der industriellen Herstellung von Steinnussknöpfen und beschäftigte 2000 Arbeiter. Zur Sammlung der Burg Posterstein gehören auch die Zeugnisse dieser Industrie – Teile davon sind heute im Knopfmuseum Schmölln zu sehen.
10. Hans Fallada entdeckte hier die Liebe zur Kartoffel:
Der in Greifwald geborene Schriftsteller Rudolf Ditzen, alias Hans Fallada, verbrachte nach seinem missglückten Selbstmordversuch einige Zeit in Tannenfeld, das damals Nervenheilanstalt war. Im Anschluss ging er 1913 bis 1915 auf dem Rittergut Posterstein in die Lehre, wo er sich zum Landwirt – mit dem Spezialgebiet Kartoffelzüchtung – ausbilden ließ.
Gewollte und ungewollte „Löcher“
11. Neben den Schießscharten brüten Mauersegler:
Bei der Restaurierung der Burg 1984 wurden die bereits vorhandenen Brutstellen der Mauersegler und Turmfalken als Nischen ausgebildet und die Einfluglöcher in die neue Putzstruktur integriert. Die Nester sind heute noch „in Betrieb“.
12. In Stand gesetzt:
Neben der umfangreichen Restaurierung der Burg zwischen 1981 und 1991, konnte 1992 bis 1994 auch die Burgkirche umfassend restauriert werden. In diesem Jahr wurden kleinere „Auffrischarbeiten“ in der Halle der Burg durchgeführt und gleichzeitig die schlimmsten Erdbebenrisse im Bergfried beseitigt.
13. Ein ganzer Flügel der Burg fehlt: der Nordflügel
Die Gebrüder von Werder begannen 1718 mit dem Umbau des alten Nordflügels der Burg. Man errichtete einen repräsentativen Festsaaltrakt, mit Fußböden und Kaminen aus Marmor. Unter den Reichsgrafen von Flemming wurde der Bau schließlich vollendet. Nach der Enteignung des Postersteiner Besitzes durch die Bodenreform nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk bis auf die Kreuzgewölbe des Kellergeschosses abgerissen und ist seither Ruine. Der Wiederaufbau würde uns heute über zwei Millionen Euro kosten.
Ein Kinderspiel
14. Ringezielen, Dreibeinlauf und Kreiselschlagen:
Zu unserem museumspädagogischen Programm für Schulklassen gehört unter anderem das Themenprogramm „Mittelalterliche Traditionen und Lebensweisen“. Dort kriegen die Kinder nicht nur etwas über das Ritterleben erzählt, sondern können auch alte Kinderspiele selbst ausprobieren.
15. Ritterspiele seit über 20 Jahren:
Seit 1991 schon gibt es Mittelalterspektakel und Ritterspiele auf Burg Posterstein. Nach einer zwischenzeitlichen kurzen Pause um die Jahrtausendwende fand eine Neuausrichtung statt.
Seither veranstaltet das Museum gemeinsam mit der COEX VeranstaltungsGmbH (http://www.coex-gmbh.de/) das Spektakel, zu dem jedes Jahr zu Pfingsten um die 8000 Gäste kommen. – In den 1990ern waren wir übrigens zur Inspirationssuche in Polen, wo anlässlich der Ritterkämpfe echte Krankenwagen neben der Burgruine parkten – und zum Einsatz kamen. Vor schweren Verletzungen braucht man in Posterstein keine Angst zu haben – sollte aber trotzdem auf der Hut sein….
16. Was haben Ritter mit Kuchen zu tun?
Nichts, im Grunde. Aber bei uns hat sich die Tradition entwickelt, dass Mitglieder des Museumsvereins während des Mittelalterspektakels ein kleines Café im Burgkeller betreiben, in dem es nachmittags selbstgebackenen Blechkuchen (pro Wochenende an die 40 Kuchenbleche) gibt. – Da kommen auch die Ritter gern hin.
Das Netzwerk
17. Ein lebendiges Museum braucht Helfer und Unterstützer:
Derzeit hat der Museumsverein Burg Posterstein e.V. 52 Mitglieder, die regelmäßig bei Veranstaltungen, auch bei Übersetzungs- und Korrekturarbeiten im Museumsalltag einspringen. – Herzlichen Dank an alle! Einmal im Jahr begeben wir uns auf eine gemeinsame Bildungsfahrt.
18. Eine Ausstellung folgt den Reisewegen der Herzogin von Kurland:
Die Wanderausstellung „Lebensstationen der Herzogin von Kurland“ reiste nach der Eröffnung in Posterstein (2006) nach Lettland (Schloss Ruhental 2008), Polen (Schloss Sagan 2009) und Frankreich (Schloss Valencay 2007). Zur Schau im Schloss Valençay des ehemaligen Ministers Talleyrand kamen 43.000 Besucher. Unterstützt wurde das Vorhaben von der Bürgerstiftung Altenburger Land.
19. Eine Löbichauer Büste in Paris:
Am 20. August 1821 starb die Herzogin Anna Dorothea von Kurland in Löbichau und wurde unter Anteilnahme von 7000 Trauergästen im „Herzoglichen Begräbniß im Hain“ beigesetzt.
In der Kirche Großstechau, neben dem Schloss, brachte man 1878 ein Relief über der Wandnische an, die zur Aufbewahrung der Urne des Herzens Herzogin diente. Es ist eine Arbeit von Wilhelm Troschel (1844 -1892), Sohn des bekannten Bildhauers Julius Troschel (1806-1863), einem Schüler Christian Daniel Rauchs. Im Oktober 2006 weilten Vertreter der Kirchgemeinde Großstechau und des Museumsvereins Burg Posterstein in Paris, um an einer Feier zu Ehren der Herzogin von Kurland in der „Kirche des Billettes“ der französischen Hauptstadt teilzunehmen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde dort ein Abguss dieses Reliefs aus der Großstechauer Kirche übergeben und angebracht. Es erinnert seither an die Zeit der Herzogin und ihr karikatives Wirken in der lutherischen Kirche zu Paris.
20. Ein deutsch-französischer „Salon“:
Die Freunde Talleyrands waren schon mehrfach in Posterstein, Löbichau und Tannenfeld zu Gast und wir begaben uns gemeinsam auf die Spuren der Herzogin von Kurland. Zum letzten Mal an deren 250. Geburtstag 2011. Das nächste Jubiläum und das nächste Gemeinschaftsprojekt stehen schon bevor: 2015 jährt sich der Wiener Kongress zum 200. Mal.
Nun muss man so ein Blogstöckchen ja am besten weiter werfen, wenn man ihm als Museum keine Inventarnummer im Archiv geben will. Deshalb haben wir das österreichische Universalmuseum Joanneum – ein fleißig bloggendes und twitterndes Museum (@Joanneum) – auserkoren, den Blogstaffel-Marathon fortzusetzen. – Wir sind gespannt auf die vielen noch weitgehend unbekannten Informationen aus Graz!
(von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein)