Werfen an der Salzach – wer kennt es? Zumindest die Burg Hohenwerfen sehen alle, die die Autobahn von Salzburg nach Villach nehmen. Anhalten können die wenigsten auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, denn dafür müsste man die Autobahn verlassen und ein kleines Stück auf der Landstraße genau an der Salzach entlangfahren. Das haben wir vom Museumsverein Burg Posterstein getan und sogar noch den Tourismus durch Einkehren und Übernachten gefördert. Denn so war das auch im 19. Jahrhundert, also vor etwa 200 Jahren, als der Alpentourismus eine erste Blüte erlebte und Salzburg zum Sehnsuchtsziel für Künstler und Erholungssuchende avancierte.
Im Salzburgmuseum in der Neuen Residenz am Mozartplatz beschäftigt sich eine ganze Abteilung damit, wie die Stadt zum Mythos wurde. Dort finden sich auch die Zeichnungen oder die Drucke davon, die Ernst Welker (1784–1857) und seine Malerfreunde Friedrich Philipp (1779–1840) und Heinrich Reinhold (1788–1825), Johann Adam Klein (1788–1825) und Johann Christian Erhard (1795–1822) während ihrer Exkursion 1818 von Wien in die Alpenstadt fertigten. Sie zeichneten die Berge um Salzburg, saßen auf der Kanzel bei Aigen, heute ein Stadtteil von Salzburg, zogen nach Berchtesgaden zum Watzmann und an den Königssee.
1831 kam Ernst Welker noch einmal in die Gegend. Er schloss sich einer Gruppe von reisenden Malern an, darunter Friedrich Gauermann (1807–1862), Johann Fischbach (1797–1871), Franz (1787–1868) und Wilhelm Steinfeld (1816–1854) sowie Franz Gruber (wahrscheinlich der Maler Franz Xaver Gruber (1801–1862)). So, wie hier von Johann Fischbach gezeichnet, sah Aigen zu dieser Zeit aus:
Heute ist dieser Blick so nicht mehr nachzustellen, denn das Tal ist komplett bebaut.
Bevor sie Salzburg erreichten, wanderten Ernst Welker und seine Künstlerfreunde die Salzach entlang und erfreuten sich an der Gebirgslandschaft. In Folge 9 unseres Podcasts “LeseZEIT auf Burg Posterstein” liest Franziska Huberty aus Heinrich Reinholds anschaulichen und ausführlichen Reisebericht.
Dabei erblickten eine ganz außergewöhnliche Burganlage. Diese hielt der Maler Ernst Welker, dem das Museum Burg Posterstein 2022 eine ganze Ausstellung widmete, mit Bleistift und Pinsel fest. Anders als den Touristen 200 Jahre später, standen ihm weder Eisenbahn, noch Auto und schon gar nicht Fotoapparat oder Handy zur Verfügung. Der Blick für die Ewigkeit, den der Künstler sicher zunächst seinem Skizzenbuch anvertraute, fand später als ausgearbeitete Zeichnung den Weg in die Museen. Ein Exemplar des Blickes auf Hohenwerfen von Ernst Welker befindet sich im Museum Burg Posterstein, ein etwas abgewandeltes Blatt in der berühmten Albertina in Wien.
Aufgestiegen zur Burg ist Ernst Welker wohl eher nicht. Dies gestaltete sich auch schwieriger als heute, da sich die Burganlage inzwischen in staatlichen Händen befindet und ein Aufzug den zahlungswilligen Besucher in Windeseile den Berg hinauf- und wieder herunterbringt. Nach der Säkularisierung 1803 stand die Burg unter Herrschaft der Bayern, die die Anlage verfallen ließen. Keine Chance also für unsere Malerfreunde auf eine Einladung.
Heute kann man die Burganlage also bequem per Aufzug erreichen und per Führung erkunden. Die inhaltliche Vermittlung der “Erlebnisburg” lässt unserer Meinung nach zwar noch Luft nach oben, aber die Burg selbst ist sehenswert. Sie ist trotz eines Brandes des Hauptgebäudes 1931 eine großartige, geradezu bilderbuchhafte Burganlage, die alles bereithält, was die mittelalterliche Burgenarchitektur zu bieten hatte.
Es bleibt die Aufforderung an den Besucher des 21. Jahrhunderts: Entschleunigt doch einmal eure Reise von und nach den Süden und lauft die Salzach entlang, haltet den Blick auf die Burg Hohenwerfen nicht nur auf einem bald vergessenen Handyfoto fest, sondern erkundet die Burg, um dann vielleicht auch noch Salzburg und seine Umgebung zu durchstreifen.
Von Sabine Hofmann / Museumsverein Burg Posterstein
Lesetipp: Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland
Erstmals stellt ein Buch den Künstler Ernst Welker in den Mittelpunkt. Es ist über das Museum Burg Posterstein bestellbar.
In dieser Podcast-Folge, die 2022 erstmals live im Museum Burg Posterstein zu hören war, stellt die Historikerin Franziska Huberty den Maler Heinrich Reinhold und seinen Künstlerkollegen Ernst Welker in den Mittelpunkt. Mehrfach gingen sie gemeinsam auf Reisen. In einem Brief beschreibt Heinrich Reinhold nicht nur die Landschaft, sondern auch wie solche Reisen abliefen, wie wetterabhängig die Künstler dabei waren, wie viel Gepäck sie mitnahmen und wie sie sich bei Regenwetter die Zeit vertrieben.
Den Titel der Folge spricht diesmal Uwe Buchheim, der das Museum Burg Posterstein gerade in Bezug auf Ernst Welker maßgeblich durch Schenkungen und Leihgaben unterstützt hat – herzlichen Dank dafür!
Wie immer können Sie diese Folge als Blogpost lesen oder als Podcast anhören:
„Nächst ihr [Gräfin Trogoff] wurde der Reisezug durch unseren Zeichenlehrer, Herrn Ernst Welker, Vetter der beiden berühmten Welker, vermehrt. Er war aus Suhl gebürtig und Sachse vom reinsten Wasser; längere Zeit hatte er sein Fortkommen in Wien gefunden, von wo ihn die Herzogin als unseren Lehrer, gerne gesehenen Gast und guten Gesellschafter mitgenommen hatte.“
Emilie von Binzer: Drei Sommer in Löbichau, zu ihr gibt es eine eigene Podcast-Folge
So berichtet Emilie von Binzer in ihrem Buch „Drei Sommer in Löbichau“ über den Landschaftsmaler Ernst Welker. Und damit heiße ich Sie ganz herzlich willkommen zur 9. Folge der LeseZEIT mit Geschichte und Geschichten aus dem Museum Burg Posterstein. Aus dem Burgstudio begrüßt Sie wie immer die Historikerin Franziska Huberty.
Falsche Fakten über Ernst Welker
50 Jahre nach den eigentlichen Geschehnissen schrieb Emilie von Binzer, geborene von Gerschau und Enkelin der Herzogin Anna Dorothea von Kurland, inspiriert durch die „Jugenderinnerungen“ ihres einstigen Freundes Gustav Partheys, Auszüge aus ihrer Jugendzeit nieder, spricht über ihre Familie und über die Löbichauer Gäste, über besondere und weniger besondere Situationen des Salonalltags und gibt auf humorvolle, unterhaltende und nicht selten ironische Weise einen ganz speziellen und persönlichen Einblick in das Leben der damaligen Zeit. Dabei ist es nicht verwunderlich, dass ihr einige Fehler unterlaufen, wie auch hier, in diesem kurzen Abschnitt über ihren Zeichenlehrer Ernst Welker, der keines Wegs „aus Suhl gebürtig“ war. Und doch ist dieser kurze Abschnitt in gewisser Weise bezeichnend für die Erinnerung an den Maler. Denn oft sind nur die Hälfte aller veröffentlichten Daten über Ernst Welker – und das, wie es scheint, noch zu Lebzeiten des Künstlers – tatsächlich korrekt.
Obwohl Ernst Welker ein anerkannter Maler war, der mit den künstlerischen Größen seiner Zeit – wie Johann Adam Klein, den Gebrüdern Reinhold oder Johann Christoph Ehrhardt – auf Reisen ging, der Gesellschafter und Zeichenlehrer im Salon der Herzogin von Kurland in Löbichau war, mit Wilhelmine von Sagan durch Italien reiste und bis zu seinem Tod 1857 in Wien als Landschaftsmaler seinen Lebensunterhalt verdiente, gab es allein um sein Geburtsjahr lange Uneinigkeit. Bereits im „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich“, 1886 erschienen, werden die Lebensdaten des Malers mit 1788–1857 angegeben. Andere Quellen, darunter der Grabstein Ernst Welkers auf dem St. Marx-Friedhof in Wien, nennen das Jahr 1784 als sein Geburtsjahr. Doch im Allgemeinen durchgesetzt hat sich das Jahr 1788 – und das völlig zu Unrecht!
Und um Ihnen das endgültig zu beweisen, kommt hier der Originalauszug aus dem Taufregister der Kirche St. Augustin in Gotha: „5. Aprilis 1784. Hat Herr Phillip Friedrich Welker, herzogl. Sächs. Geheimer Archivarius allhier, seinen Sohn in hiesiger Schloßkirche von dem Herrn Ober-Hofprediger Bause taufen und Johann Heinrich Ernst nennen laßen.“ Neben dem Eintrag ist zudem vermerkt: natus – also geboren – den 4. Aprilis. Johann Heinrich Ernst Welker wurde also am 4. April 1784 in Gotha als Sohn des herzoglich-sächsischen geheimen Archivars und Juristen Philip Friedrich Welker und seiner Frau Johanne Auguste Sophie, geb. Kögel, geboren.
An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an Udo Hopf aus Gotha, mit dessen Hilfe und Kontakten es uns gelang, auch in Zeiten, in denen es schwierig war, in den Archiven zu recherchieren, an diese wichtigen Informationen und Quelle zu gelangen.
Philip Friedrich Welker hatte 1776 in Gotha geheiratet. Insgesamt entstammen aus der Ehe 5 Kinder. Zudem war Ernst Welkers Vater Mitglied der „Loge zu den 3 Rosen“ in Jena und starb 1792.
Der Maler Ernst Welker auf Reisen
Sein Sohn, Ernst Welker, erlangte erste Kenntnisse im Zeichnen wohl in Weimar, danach folgte ein Kunststudium an der Wiener Akademie der Bildenden Künste – wohl seit 1804. 1807 erhielt er dort sogar einen Preis für seine Arbeit als „junger Künstler“. Er machte den ersten Platz in der Kategorie „Landschaften“. In Wien muss Ernst Welker auch den Patensohn der Herzogin von Kurland, Theodor Körner kennengelernt haben. Glaubt man einem Artikel im „Allgemeinen Anzeiger der Deutschen“ – herausgegeben in Gotha, im Jahr 1814 – begleitete Welker Theodor Körner 1813 aus Wien nach Breslau, um sich dort als Freiwilliger im Lützowschen Coprs zu melden. Als Lützower Jäger kämpften beide auf Seite Preußens gegen Napoleon und Welker wurde Augenzeuge Körners Tod. Bekannt wurde vor allem ein Aquarell „Körners Grab bei Wöbbelin“, das später als Stich in großer Zahl käuflich zu erwerben war.
Welker kehrte nach Wien zurück, wo ihn 1816 die älteste Tochter der Herzogin von Kurland, Wilhelmine von Sagan, als Erzieher und Zeichenlehrer für ihre Pflegetöchter verpflichtete. In dieser Funktion weilte er in den Jahren 1819, 1820 und 1821 in deren Schlössern in Sagan und Ratibořice, was durch Briefe Wilhelmines an ihre Mutter zu belegen ist. 1819 und 1820 reiste Welker auch mit nach Löbichau, wo er die anwesenden Gäste zeichnen durfte.
Doch auch unabhängig von seinen Diensten bei der Herzogin von Sagan, begab sich Ernst Welker auf künstlerische Reisen. Im Sommer 1817 unternahm er mit seinen Malerkollegen Heinrich Reinhold und Johann Christoph Erhard eine Fußreise nach Niederösterreich, besonders in das Schneeberggebiet. Reisestationen waren u.a. die Burgruine Starhemberg und der Schlosspark Laxenburg. 1818 unternahm Welker zusammen mit den Malern Johann Christoph Erhard, Johann Adam Klein und den Brüdern Friedrich Philipp Reinhold und Heinrich Reinhold aus Gera Reisen nach Salzburg und Berchtesgaden, wovon zahlreiche Grafiken und Zeichnungen zeugen.
Und hier setzt auch unsere heutige LeseZEIT ein. Von Welker selbst sind – nach jetzigem Stand – keine persönlichen Berichte erhalten geblieben. So müssen wir aus den Aufzeichnungen seiner Zeitgenossen schöpfen.
1927 veröffentlichte Heinrich Schwarz einen Brief des Geraer Malers Heinrich Reinhold an dessen Bruder Gottfried Reinhold aus dem Jahr 1818. Darin beschreibt der Künstler seine Reise mit Erhard, Welker und Klein nach Salzburg und an den Königsee. Nicht nur seine Beschreibungen der Landschaft geben viel Aufschluss über die Reise der Künstler. Er beschreibt auch wie die kleine Gruppe unterwegs war und womit sie sich die Zeit vertrieben.
Welker reiste 1818 gemeinsam mit Erhard von Wien über Linz ab. Beide kamen zwei Tage vor den Brüdern Reinhold zwischen dem 22. und 25. Juni 1818 in Salzburg an und kehrten im Gasthof „Zum Mohren“ ein, wie man der „Salzburger Zeitung“ entnehmen kann. Dort trafen sich die vier schließlich noch mit Johann Adam Klein und die Reise begann.
Ich lese aus:
Heinrich Schwarz: Heinrich Reinholds Bericht über seine Reise nach Salzburg, Tirol und Oberösterreich im Sommer 1818, aus: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Band 67, Salzburg 1927. Die Ausschnitte befinden sich auf den Seiten 158 bis 163.
„Man soll doch niemals an der Erfüllung eines an sich nicht zu übertriebenen Wunsches, der an sich, versteht sich von selbst, auch rechtmäßig ist, zweifeln. Ein Beyspiel davon haben wir diesen Sommer gehabt. In meinem letzten Brief schrieb ich Dir, daß wir schon längst dem aufkeimenden Wunsch Gehör gaben, Salzburg zu sehen. Anfangs wurde derselbe, der anscheinenden Unmöglichkeit wegen, immer unter die frommen gezählt, bis endlich, durch einige glückliche Umstände begünstigt, der Entschluß schnell reifte, der Wille hatte die Möglichkeit herbeygeführt, und wir sahen uns plötzlich am Ziel unserer Wünsche, ehe wir noch glaubten, daß es möglich sey. Wir hatten beyde gerade ziemlich einträgliche Arbeiten gehabt, und diese lieferten das Reisegeld. Man soll sich nur zuweilen keck über alle Bedenklichkeiten wegsetzen, die in unsrer Lage übrigens verzeihlich sind. 0 hörst Du, welch herrlichen Genuß hat uns diese Reise verschafft! welch einen Gewinn für den Künstler an Geist und Körper! Diese Eindrücke können bey mir gewiß durch keine nachfolgenden jemals verdrängt werden. Es ist ein herrliches Land! Ich kann keck behaupten: es giebt in Deutschland wenigstens, keinen schönern Aufenthalt als Salzburg und die umliegende Gegend, Berchtesgaden mit einbegriffen, das Ländchen, was, beynahe buchstäblich genommen, höher als breit ist.
Elsaß, schön als es ist, kann ich nicht dagegen stellen, und die Schweiz, d. h. so weit ich sie sah, auch nicht. Ersterem fehlen die gewaltigen Gebirge, ob es gleich sehr fruchtbar und mahlerisch ist, und der von mir gesehene Theil der Schweiz hat nicht diese schönen Formen, oder ganz gewiß keine schöneren. Und doch wird Salzburg erst seit wenigen Jahren von Fremden häufiger besucht, und liegt uns um so viel näher als die Schweiz, es ist nämlich nur 42 Meilen von Wien. Ich will Dir nur erst eine Übersicht der ganzen Reise geben, damit Du Dich orientiren kannst.
Wir reisten den 23. Juli mit einem Landkutscher, der einen viersitzigen Wagen hat, die Person zu 40 fl W. W. gerechnet, mit noch 2 andern Herren von hier weg und kamen nach 4 und 1/2 Tag in Salzburg an, über St. Pölten, Stift Molk, Ens, Ebelsberg, Neubau, Wels, Lambach, Schwanenstadt, Vöglabruck (Salzburger Grenze). Frankenmark, Neumark, Salzburg. Von Wien bis Linz ist die Gegend weniger schön, doch hat man von St. Pölten an die Aussicht auf die nächsten steyerischen Berge. Die Donaugebirge sind unbedeutend. Mehrere Stunden oberhalb Linz aber bey Lambach &c. fängt sie auf der linken Seite an schön zu werden, da entfaltet sich nach und nach ein Gipfel der Gebirge des Salzkammergutes nach dem andren, und werden immer mahlerischer, so wie man sich der Salzburger Grenze nähert; dazu hatten wir königliches, aber sehr heißes Wetter, daß wir alle 4 im Wagen beynahe zerflossen sind, weil wir etwas eng saßen, absonderlich mit den Beinen. Das Herrliche fieng aber von der letzten Station vor Salzburg, Neumark, an. Welch ein Anblick, welche Fülle der Vegetation!
Rechts unten lag ein kleiner See, der Seekirchner See; gerade vor uns hatten wir den Kapuzinerberg mit einem Kloster, der nicht sehr hoch ist, und an welchem ein Theil der Stadt liegt, die man aber da noch nicht sieht, weil die Straße etwas links her kommt. Hinter diesem her vor ein Theil des Mönchsbergs, ein herrlicher ganz steil abgeschnittener Felsrücken von 200 bis 300 Fuß Höhe, welcher die Stadt von derSüdseite einschließt, so daß über den Häusern unmittelbar sich die ganz schroffe, röthlich graue Felswand erhebt. Die Salza fließt zwischen diesen beyden Bergen mitten durch die Stadt, doch sieht man sie von diesem Standpunkt auch nicht. Ueber allen diesen nun hervor erheben sich die gewaltigen Häupter des Untersberges, über 6000 F. etwa 1 starke Stunde von der Stadt, weiter hinten noch in einer gewaltigen Kette das Tennengebirg, der Göllen, der sich an den hinteren Theil des Untersbergs anschließt, weiter rechts nach Südwest das Lattengebirg, der Ristfeucht, Ochsenkopf, Sonntagshorn, dann in Westen beinahe, der schöne hohe Staufen, von welchem aus sich das Gebirg verflacht und in die große bayerische Ebene in Nordwest und Norden ausläuft, ein köstliches Panorama. Dies alles sind Berge von 5— 7000 F. und drüber.
Das ist aber noch nicht alles, ganz hinten zwischen dem Göllen und Untersberg in Süden und hinter Berchtesgaden steigen nun erst der ehrwürdige zwiehäuptige Watzmann mit seinen furchtbaren Zacken von 10 000 F. und noch weiter die Teufelshörner empor, die auch zu Berchtesgaden gehören. Ich will nicht versuchen, Dir das Überraschende und Herzerhebende dieser Szene auszumahlen. Der schwüle Sommerton, die blauen Gebirge mit ihren Schneehäuptern, man muß es sehen. Nordöstlich von der Stadt etwa eine bis 1½ Stunde entfernt liegt noch ein anderer Berg mit runder Kuppe, der Geisberg von 4000 F. Der verschwindet aber ganz, man bemerkt nicht, daß er so hoch ist, ob seine Höhe gleich vielleicht 800 F. mehr beträgt als die des Brockens.
Die Stadt ist ganz italienisch gebaut mit flachen Dächern, und hat ein sehr freundliches einladendes Ansehen. Sie hat einen ganz fremden eignen Eindruck gemacht, wie ich mich von keiner der Städte, die ich sah, erinnere. Der Mönchsberg, ein wie gesagt an seiner höchsten Stelle etwa 300 F. hoher Felsrücken von etwa 2000 Schritt Länge, flötzartig und auf allen Seiten ganz senkrecht, schließt die Stadt dergestalt in Süden ein, daß man gezwungen war, durch die ganze Breite ein Thor von 163 Schritt Länge zu hauen, ein wahres Riesenwerk. Es ist gegen 10— 12 Schritt breit, und vielleicht 30 F. hoch, und in die Ebene zwischen den Mönchsberg und Untersberg hinaus führt. Oestlich an den Mönchsberg schließt sich der Schloßberg, auf welchem die Festung Hohen-Salzburg liegt, keine moderne Festung, sondern ein altes Schloß von ungeheuerm Umfang und Höhe in sehr schönem, halb italienischen Styl gebaut. Der Rücken des Mönchsberges ist ganz herrlich mit allen Arten Bäumen bewachsen, die sich überall wunderschön gruppieren. Dieß und die vortreffliche Aussicht auf die Gebirge und Ebene, macht ihn zu dem schönsten Park und Spatziergang, den ich je sah, nur daß die Kunst nichts dabey gewirkt hat. Südlich vom Mönchsberg in der Fläche nach dem Untersberg zu etwa 2000 Schritt vom Mönchsberg liegt ein andrer ganz isolierter ganz steiler, angeflötzter Felsrücken von etwa 800— 1000 Schritt Länge, und etwa 200— 300 F. Höhe, der Ofenlochberg, welcher ganz parallel mit ersterem läuft, auch sehr schön bewachsen ist, aber nur mit kleinen Bäumen und Gebüsch, und oben auch hin und wieder Feld hat.
Ein paar gute Freunde, auch Künstler, waren zwey Tage vor uns von Wien abgereist und erwarteten uns hier, wo wir alsdann auch in demselben Wirthshaus wohnten, und ein sehr lustiges Leben während der 3 Wochen unsers Aufenthaltes führten. Leider hatten wir aber 10— 11 Tage Regen, doch haben wir im unermeßlichen Schweiß unserer Angesichter ziemlich viel gezeichnet. Ein dritter Freund kam 8 Tage später auch an von Wien, und nun giengs noch lustiger und toller her, wenn wir Mittag oder Abends zum Essen zusammenkamen. Doch ich sehe, daß ich zu umständlich werde, also nur das Wesentliche. Wir trafen die beyden jungen Fürsten Lobkowitz nebst ihrem Hofmeister auch an, die durch Steyermark gekommen waren, und nun von hier aus den Glöckner, an der tyrolisch-kärntnerisch-Salzburger Grenze besuchen wollten, d. h. dieser Berg, der höchste in der ganzen österreichischen Monarchie, liegt da wo sich diese 3 Grenzen berühren. Zu dieser Expedition wurde ich denn eingeladen, welches nicht auszuschlagen war, da es sehr artige junge Leute sind, und auch der Folge wegen, und nach Berchtesgaden bestellt (5 St. von Salzburg), von wo aus der Marsch angetreten werden sollte, und wohin sie denn auch über Hallein, um dort die berühmten Salzwerke zu sehen, kommen wollten.
Wir gesegneten also Salzburg und machten uns in corpore auf, d. h. wir beyde, Ehrhardt, Klein und Welker. So sehr wir auch unser Gepäck vereinfacht hatten, indem wir die Oehlmahlereygeschichten nach Wien zurückgeschickt hatten, so wurde uns doch das Uebrige über die Maßen sauer und beschwerlich, da es zumal sehr schwül war. Wir hatten uns verspätet, und waren erst gegen halb 2 ausgegangen und kamen endlich Abends gegen 7 Uhr ziemlich müde in Berchtesgaden an. Dieß ist ein ganz kleines Städtchen oder eigentlich Markt, von etwa 2000 Einw. und liegt in einem Bergkessel, doch nicht fürchterlich, im Hintergrund starrt der Watzmann in die Höhe. Eine Stunde davon nach dem Watzmann zu liegt der berühmte Königs- oder Bartelmeisee zwischen gewaltig-schroffen Wänden rings umschlossen. Das ganze Thal bis an den See wo es sich schließt und eng wird, weil von der linken Seite her der hintere Göllen sich nähert, zeichnet sich durch seine herrliche Vegetation und Alpen aus, vorzüglich schöne ungeheure Ahorne giebts hier, aber wenig Feldbau, es ist schon zu kalt und rauh, und das wenige Getreide oder Hafer wird oft nicht reif. Deswegen nährt sich ein großer Theil der Einwohner von Schnitzarbeit, die bekannten Spielsachen, von denen Du auch wohl gehört hast, doch werden sie elend bezahlt und leben kümmerlich. Dann haben sie etwas Viehzucht, und ein großer Theil findet durch das große Salzwerk seinen Unterhalt.
Aber äußerst mahlerisch ist dieses Thal, doch konnten wir zu unsrem Leidwesen fast Nichts zeichnen, weil es 5 Tage ununterbrochen regnete, denn wenn es im Gebirg einmal anfängt, so kanns gar nicht wieder aufhören, besonders ist Berchtesgaden dafür bekannt. Wir sind schier verzweifelt. Zum Glück war das Wirthshaus sehr gut und billig, wir waren unsrer 5 auf einem Zimmer, und trieben tausend Streiche und Schnaken, hielten Akademie, zeichneten einander, oder Kostüme usw., wurde es ein wenig hell, gleich hinaus um etwas zu zeichnen, doch konnte wenig geschehen. Die Fürsten waren auch schon da und wohnten in demselben Wirthshaus.
Am 5ten Tag Abends wurde es hell, und wir beschlossen den folgenden Morgen abzukratzen, das Wetter möge seyn wie es wolle. Diesen Nachmittag befuhren wir noch den See, es war aber das Wetter auch nicht günstig, windig und fieng endlich wieder an zu regnen, das wir das Ende des Sees nicht erreichen konnten. Ein Sturm ist, auf diesem See besonders, kein Spas, weil er ganz von ungeheuren Wänden umstarrt ist, die senkrecht in den See hereinstehen, und keinen Platz zum Landen lassen im Fall der Noth. Er ist 2 Stunden lang oder etwas mehr, eine starke ¼ Stunde breit, und an der tiefsten Stelle in der Mitte 106 Klafter tief. Die See Liesel, ein hübsches Fischermädchen, welche uns fuhr, hatte eine ungeheure Pistole hergegeben, womit ich auf der Mitte des Sees schoß. Das Echo rollte wie Donner hinüber und herüber. Den folgenden Tag war das Wetter besser und wir rüsteten uns zur Abreise. Wir hatten einen Bedienten und immer einen Wagen, auf welchem das Gepäcke fortgeschafft wurde, so daß ich gar nichts zu tragen brauchte. Fritz wollte noch einen Tag dableiben um den Watzmann noch zu zeichnen. Ehrhardt und Welker setzten ihren Weg nach Gastein fort, und Klein wollte übers Gebirg nach Golling, so zerschlug sich die Gesellschaft auf einmal. Fritz gieng den Tag darauf allein nach Salzburg zurück, von da an die Seen des Salzkammergutes nach Gmunden, über Lambach an die Donau, und auf einem Schiff nach Wien.“
Von 1821 an weilte Welker mehrere Jahre in Italien, wo er seine Malerkollegen in Rom wiedertraf und viele neue Bekanntschaften schloss. Man kann davon ausgehen, dass er sich im Kreis der deutsch-römischen Künstlerkolonie bewegte und versuchte, mit Landschafts- und Architekturdarstellungen ein Publikum zu finden. Er unterhielt Kontakte zu Künstlern wie Berthel Thorvaldsen, Louise Seidler, Johann Christian Reinhart, Josef Anton Koch und Julius Schnorr von Carolsfeld. Im November 1822 reiste der Maler im Gefolge der Wilhelmine von Sagan nach Neapel.
1824 weilte Lili Parthey, die Schwester des Buchhändlers und Altertumsforschers Gustav Parthey, mit ihrem Mann und ihrem Bruder in Rom, traf die dort ansässigen Künstler und schrieb im November 1824 in ihr Tagebuch: „Abends kamen Mila und Tucher zum Thee und der kleine Welcker in alter Erinnerung; er hat leider seinen Bart abgeschnitten.“ Beide hatten sich in Löbichau kennengelernt, in seiner Zeit, als Welker noch einen Schnurrbart „wie einen Äquator“ trug.
In seinen späteren Jahren in Wien war Ernst Welker sehr produktiv. Seine Arbeiten wurden dort regelmäßig bis 1850 ausgestellt, wie man den Jahresausstellungen der Wiener Akademie der Bildenden Künste entnehmen kann. Er starb 1857 in Wien, wo sich auch seine Grabstätte befindet.
Und zum Schluss, mein persönlicher Lesetipp!
Im Juli 2022 widmete das Museum Burg Posterstein diesem fast unbekannten Künstler die Sonderschau „Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland“. Ausgestellt waren über 60 Arbeiten des Künstlers und weitere Werke seiner Malerkollegen. Die Ausstellung nahm die Besucher mit auf eine Reise nach Italien, Österreich, nach Böhmen und natürlich nach Löbichau! Imm Zuge dieser Sonderschau entstand der bis dato umfangreichste Katalog zum Leben und Wirken des Künstlers. Für nur 25,00 Euro können Sie dieses wunderbare Buch mit dem Titel „Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland“ im Museum Burg Posterstein erwerben und sich auf eine Reise durch verschieden Lebensstationen und Schaffensorte Welkers entführen lassen.
Und damit verabschiede ich mich, liebe Zuhörende, bis zur nächsten LeseZEIT mit Geschichte und Geschichten aus dem Museum Burg Posterstein!
Von Franziska Huberty (Text und Sprecherin) und Marlene Hofmann (Schnitt)
Der Maler Ernst Welker erhielt schon während seines Studiums an der Wiener Akademie der Bildenden Künste Auszeichnungen für seine Landschaftsmalereien. Bis ins hohe Alter lebte er von seiner Kunst, stellte aus und verkaufte seine Werke zu beachtlichen Preisen. Mit befreundeten Malern wie Johann Christoph Erhard, Johann Adam Klein und den Brüdern Friedrich Philipp Reinhold und Heinrich Reinhold aus Gera begab er sich auf künstlerische Expeditionen nach Salzburg und Berchtesgaden oder in die nähere Umgebung Wiens. Ernst Welker war Lützower Jäger an der Seite Theodor Körners und zeichnete dessen Grab. Mehrere Jahre beschäftigte ihn die Herzogin Wilhelmine von Sagan als Zeichenlehrer und Gesellschafter für ihre Pflegetöchter – darunter die spätere Schriftstellerin Emilie von Binzer. In Gesellschaft der Herzogin von Sagan hielt er sich auf deren schlesischen Gütern Sagan und Ratiborschitz auf und verbrachte den Sommer auf Schloss Löbichau im Salon der Herzogin von Kurland, der Mutter Wilhelmine von Sagans. In Löbichau porträtierte er die anwesenden Gäste als Fabelwesen, halb Mensch, halb Tier oder Gegenstand – diese Aquarelle befinden sich heute in der Sammlung des Museums Burg Posterstein und sind auch in der Europeana zu sehen. Von 1821 an weilte Ernst Welker mehrere Jahre in Italien. Man kann davon ausgehen, dass er sich im Kreis der deutsch-römischen Künstlerkolonie bewegte und namhafte Künstler seiner Zeit persönlich kannte. Im Gefolge Wilhelmine von Sagans reiste er bis Neapel, wovon seine Aquarelle zeugen.
Und trotz alledem blieb Ernst Welker bisher von der Forschung weitgehend unbeachtet. Bis zum Erscheinen der neuen Publikation „Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland“ des Museums Burg Posterstein stand Ernst Welker noch nie im Mittelpunkt eines Buchs. Viele Kunstkataloge erwähnen ihn lediglich nebenbei. Dabei sind bereits zeitgenössischen Publikationen Fehler unterlaufen – beispielsweise hinsichtlich des korrekten Geburtsortes (Gotha), dem genauen Geburtsjahr (1784), der familiären Herkunft (Sohn des Sachsen-Gotha-Altenburgischen Archivars Philipp Friedrich Welker) und den genauen Reisezielen Welkers (er war vermutlich nie im Nahen Osten). Seinen Lebensweg nachzuvollziehen, glich einer detektivischen Arbeit, die mit dem 2022 erschienenen Buch erst begonnen hat – und lange noch nicht abgeschlossen ist.
Welker porträtierte seine Arbeitgeberin als stolzes Ross
2014 gelang es dem Museum Burg Posterstein mit Unterstützung der Bürgerstiftung Altenburger Land sowie des Freistaats Thüringen, ein außergewöhnliches Konvolut an Zeichnungen anzukaufen. Die Rede ist von den Löbichauer Salongästen als Fabelwesen, die sich lange Zeit im Besitz von Emilie von Binzer befunden haben. Der Salon der Herzogin von Kurland in Löbichau, das nur wenige Kilometer von Posterstein entfernt liegt, ist eines der wichtigsten Forschungsthemen des regionalgeschichtlichen Museums Burg Posterstein. Der Sammlungsteil Salongäste als Fabelwesen besteht aus 47 Aquarellen mit namhaften Löbichauer Gästen und zwei Skizzen, die alle in einer grünen Halblederkassette aufbewahrt wurden. Sie sind bereits digitalisiert und in der Europeana und auf Wikimedia Commons frei zugänglich und nutzbar. (Weitere Infos zur Sammlung Welker)
Die Salongäste der Herzogin von Kurland stellte Ernst Welker als humorvolle Fabelwesen dar. Unter den so Porträtierten befinden sich nicht nur die Herzogin Anna Dorothea von Kurland selbst (dargestellt als treuer Pudel) sowie Welkers Arbeitsgeberin Wilhelmine von Sagan (als stolzes Ross), sondern auch der Sachsen-Gotha-Altenburgische Herzog August (als eitler Pfau – dieses Bild ist derzeit nicht in Posterstein, sondern in der Ausstellung „Luxus, Kunst und Phantasie – Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg als Sammler“ im Herzoglichen Museum Gotha zu sehen), die Schriftstellerin Elisa von der Recke (als Tintenfass), der Dichter Christoph August Tiedge (als Lehnstuhl), der Archäologe Carl August Böttiger (als Statue) und der Jurist Paul Johann Anselm von Feuerbach (als Nagel). Jedes Aquarell ist mit einem Reim versehen. Emilie von Binzer bezeichnete diese Sprüche unter den Porträts als „Fibelverse“. Schon im 18. Jahrhundert verstand man unter einer Fibel ein bebildertes, mit einzelnen, zum jeweiligen Buchstaben passenden Bildmotiven versehenes Leselernbuch. Eine solche Fibel könnte die Vorlage für Welkers Porträts gebildet haben, denn auch hier gibt es in der oberen linken Bildecke jeweils einen Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung – z.B. das „A, a“ des possierlichen Affen Graf Peter von Medem und das „Z, z“ des bunt gefleckten Zebras Gräfin Jeannette Bressler. Tatsächlich kommen alle 26 Buchstaben vor, einige sogar mehrfach. Das Bestreben, das gesamte Alphabet abzudecken, erklärt dann auch eher gewollt klingende Verse wie: „Schwer zu finden ist ein X, / Es fehlt nicht viel, so fanden wir nix.“, der zum Porträt des Staatsrats Christian Gottfried Körner als Scherenstuhl gehört.
Dass sich ein Zeichenlehrer solche Bilder erlauben durfte, die sehr wahrscheinlich in Löbichau gezeigt wurden, unterstreicht die Freiheit und Offenheit, die im Salon der Herzogin von Kurland herrschte. Auch der Dichter Jean Paul rühmte deren Salon in Löbichau für genau diese Redefreiheit und Offenheit. Sich selbst zeichnete Ernst Welker übrigens als Auster, versehen mit dem Spruch: „Die Auster ist von guter Art, das größte an ihr ist der Bart“.
Der zweite Teil der Postersteiner Sammlung Welker umfasst 13 Landschaftsbilder des Malers, die das Museum besitzt bzw. die über Dauerleihgaben an das Haus gebunden sind. Acht Aquarelle und ein Ölgemälde zeigen Landschaften. Bis auf ein Blatt sind alle Werke mit Welker; E. Welker; E.W.; Welker fec.; E. Welker fec.; und Ernst Welker fec. signiert.
Ergänzt wird der kleine Bestand durch Arbeiten von Johann Christoph Erhard, Johann Adam Klein, Johann Christian Reinhart und Carl Trost.
Zu verdanken ist die Kollektion zum Großteil dem Sammler Uwe Buchheim. Er fühlt sich dem Museum Burg Posterstein seit Jahren verbunden und ist Mitglied im Förderverein. Ihn beeindrucken die Forschungen und Ausstellungen zum Salon der Herzogin von Kurland, durch die er begann, sich mit dem Maler Ernst Welker zu beschäftigen. Er setzte sich nicht nur dafür ein, dass die Porträtsammlung Salongäste 2014 vom Museum erworben werden konnte, sondern sammelt seither selbst und stellt die erworbenen Werke dem Museum zur Verfügung. Dafür sind wir sehr dankbar.
Ausstellung und Buch „Sehnsuchtsziel Italien“
Die Sonderschau und das gleichnamige Buch „Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland“ zeigen nun erstmals alle diese Welker-Arbeiten. Auf 156 Seiten zeichnet das Buch das Leben des Malers anhand der Sammlungen und Forschungen des Museums nach.
Im Lauf der Arbeit daran stießen wir auf neue Informationen und weitere Werke Welkers in verschiedenen internationalen Sammlungen. Besonders freut uns, dass wir erstmals einen bisher noch nicht erschlossenen Teil der Sammlung Biron der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena aufarbeiten konnten. Es handelt sich unter anderem um Salonszenen, Porträts und Skizzen für die Postersteiner Sammlung von Porträts der Salongäste.
Welkers Arbeiten stellen wir im Buch Abbildungen von Werken seiner Malerkollegen gegenüber. Da Welker – außer seinen Zeichnungen – selbst kaum schriftliche Quellen hinterlassen hat, bleiben durchaus Lücken in der Biografie bestehen.
Welker wanted!
Wir möchten deshalb dazu aufrufen, Forschungsdaten zum Maler Ernst Welker zu sammeln und auszutauschen. Über Hinweise sind wir sehr dankbar. Einen Überblick über verschiedene Stationen in Welkers Leben und über Sammlungsbestände weltweit möchten wir auf unserer Website salon-europa.eu bündeln und langfristig pflegen. Über Ergänzungen freuen wir uns sehr.
Im Anschluss an die Ausstellung planen wir, die Wikipedia-Seite zu Ernst Welker durch die neuen Informationen zu ergänzen.
Von Marlene Hofmann
Zum Weiterlesen
Infos zur Ausstellung:
Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland, 17. Juli bis 13. November 2022, Museum Burg Posterstein
Infos zum Buch:
Sehnsuchtsziel Italien – Der Maler Ernst Welker auf Reisen und im Salon der Herzogin von Kurland Museum Burg Posterstein, 2022 156 Seiten, farbig Preis: 25,00 Euro
Ob Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Schriftstellerinnen, in der Geschichte oder der Moderne: Frauen spielen im kulturellen Gedächtnis eine wichtige Rolle, jedoch viel zu oft noch immer eine untergeordnete. Die Münchner Stadtbibliothek Monacensia im Hildebrandhaus lädt gerade zur Blogparade #femaleheritage, um die Rolle von Frauen in der Erinnerungskultur zur Diskussion zu stellen und herausragende Frauen in den Mittelpunkt zu rücken. Das Museum Burg Posterstein beteiligt sich mit Freude daran, denn ein großer Teil unserer Forschungsarbeit beschäftigt sich mit starken und kreativen Frauen des 18. und 19. Jahrhunderts, allen voran der Herzogin Anna Dorothea von Kurland (1761–1821). Dieser Beitrag widmet sich einer ihrer Weggefährtinnen: Der Schriftstellerin Emilie von Binzer (1801–1891), deren ganz eigene Erinnerungen noch heute eine wichtige Quelle unserer Arbeit sind.
Starke Frauen im Museum Burg Posterstein
Aus den Pariser Salons des 18. Jahrhunderts entstand in der Zeit der Aufklärung eine Kultur, die sich über ganz Europa ausbreitete. Sowohl adlige als auch gebildete bürgerliche Damen versammelten gewichtige Gäste um sich. Den Mittelpunkt dieser Musenhöfe und Salons bildete stets die Gastgeberin.
Berühmt ist der gesellschaftliche Zirkel um die Weimarer Herzogin Anna Amalia (1739–1807). Weitere bekannte Gastgeberinnen waren Madame de Staël (1766–1817) oder Madame Récamier (1777–1849) in Frankreich sowie Henriette Herz (1764–1847), Rahel Varnhagen (1771–1833) oder Dorothea Schlegel (1764–1839) in Berlin.
Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich Löbichau – nur zwei Kilometer von Posterstein entfernt – zu einem solchen Zentrum des geistig-kulturellen Lebens in Deutschland. Der dortige Salon der Herzogin Anna Dorothea von Kurland gehörte zu den bekanntesten seiner Art. Die gebildete und agile Herzogin verfügte über ein erstklassiges Netzwerk in die höchsten gesellschaftlichen Kreise Europas und schaffte es, Künstler, Politiker und Gelehrte zusammenzuführen. Bedeutende Staatsmänner kannte sie persönlich. In der bewegten Zeit zwischen Französischer Revolution, Napoleonischen Kriegen und Wiener Kongress ermöglichte ihr dieses Netzwerk einen einzigartigen Einblick und Einfluss auf das Geschehen in einer Gesellschaft, in der selbst eine reiche Frau wie sie einen rechtlichen Vormund benötigte.
Aber nicht nur die Biografie Anna Dorothea von Kurlands ist beeindruckend. Die Lebensläufe ihrer ebenso weltgewandten Töchter, Enkelinnen und Pflegekinder und ihre vielfaltigen Kontakte, deren Ansichten, ihr Werk und ihr Wirken faszinieren gleichermaßen. Eine von ihnen ist die Schriftstellerin Emilie von Binzer.
Emilie von Binzer oder: Die Frau, die unter dem Pseudonym „Ernst Ritter“ schrieb
In diesem Beitrag soll nicht die Herzogin von Kurland im Mittelpunkt stehen, sondern ihre Enkelin Emilie von Binzer. Die spätere Schriftstellerin wurde als Emilie von Gerschau in Berlin geboren und war die Tochter eines illegitimen Sohnes des Herzogs Peter von Kurland (1724–1800). Ihr Vater Peter von Gerschau (1779–1852) erbte nach dem Tod des Herzogs ein ansehnliches Vermögen.
„Er heirathete, noch ehe er 21 Jahre alt war, ein unbemitteltes Mädchen von 15 Jahren, und die beiden Kinder wirthschafteten so gut zusammen, daß schon im Jahr 1806 das ganze Vermögen in den Wind gegangen war“, schreibt Emilie von Binzer später in ihrem Erinnerungsbuch “Drei Sommer in Löbichau” (S. 2) über ihre Eltern.
Die Familie entschloss sich nach Kurland zu ziehen. Ihre Tochter Emilie ließ sie aber in der Obhut Wilhelmine von Sagans (1781–1839), der ältesten Tochter der Herzogin von Kurland. Emilie von Gerschau wuchs mit ihren beiden Pflegeschwestern Klara Bressler (die bereits 1818 starb) und Marie Wilson von Steinach (1805–1893) bei ihrer bewunderten und temperamentvollen Tante auf. Sie erhielt eine hervorragende Ausbildung, reiste viel und wurde so in das Salonleben und die höchsten Gesellschaften ihrer Zeit eingeführt. Schon in jungen Jahren lernte Emilie von Gerschau bedeutende Persönlichkeiten wie Fürst Metternich (1773–1859), Talleyrand (1754–1838) oder Zar Alexander I. (1777–1825) persönlich kennen.
Einige Sommer verbrachte sie gemeinsam mit ihrer Tante auf Schloss Löbichau. Im Salon ihrer Großmutter traf sie neben dem Dichter Jean Paul (1763–1825) unter anderem die Familien Körner und Feuerbach, den Verleger Brockhaus (1772–1823), die Schriftsteller Tiedge (1752–1841) und Elisa von der Recke (1754–1833) sowie den Archäologen und Schriftsteller Carl August Böttiger (1760–1835). Auch den Burschenschaftler, Schriftsteller und Journalist August Daniel Freiherr von Binzer (1793–1868), den sie 1822 im Schloss Sagan heiratete, lernte sie in Löbichau kennen.
Durch den Altenburger Hoforganisten Johann Christian Barthel (1776–1813) erhielt der Freiherr Zugang zum Löbichauer Salon. Unter anderem ist er Autor des bekannten Grablieds der Burschenschaft „Wir haben gebauetein stattliches Haus“. Seine Teilnahme am Wartburgfest 1817 verdarb Binzer eine möglicherweise grandiose Laufbahn und bereitete ihm ein Leben lang Schwierigkeiten. Durch die Gunst des Weimarer Herzogs litt er jedoch keine finanzielle Not. In Altenburg bearbeitete der Schriftsteller den ersten Band des „Enzyklopädischen Wörterbuches“, des späteren „Piererschen Universal-Lexikons“. Beim zweiten Band verwehrte man ihm die Arbeit jedoch aus politischen Gründen.
Nach der Hochzeit begann für das Paar ein unstetes Reiseleben durch viele Teile Europas, bis sie sich 1845 in Wien und später in Linz niederließen.
Auf Emilie von Binzers literarische Werke, die sie unter dem Pseudonym Ernst Ritter veröffentlichte, übten vor allem Personen und Erlebnisse der Zeit des Wiener Kongresses Einfluss aus. Ihre Dramen „Die Gauklerin“ und „Die Neuberin“ wurden 1846 am Wiener Burgtheater aufgeführt. Zwischen 1849 und 1870 unterhielt sie in ihren Häusern in Linz und Altaussee musische Kreise. Freundschaften verbanden sie mit den österreichischen Schriftstellern Adalbert Stifter (1805–1868), Franz Grillparzer (1791–1872) und besonders mit dem Dichter Christian von Zedlitz (1790–1862). Der musische Kreis um Emilie von Binzer in Linz und Aussee ermöglichte vielen Künstlern ihrer Zeit, eine kulturelle und soziale Atmosphäre zu erleben, die sich in schwierigen Umbruchszeiten erleichternd auf ihr Leben und Werk auswirkte. Nach dem Tod ihres Mannes zog Emilie von Binzer zu ihrem Sohn nach München, wo sie 1891 starb.
Zwischen Revolution, Biedermeier und „Drei Sommern in Löbichau“
Obwohl Emilie von Binzer nicht zu den bekanntesten Schriftstellerinnen ihrer Zeit gehörte, ist ihr Werk vielfältig und bildet die volle Breite der Themen und Einflüsse auf einen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts ab.
„Das Leben und Schaffen der Binzer umspannte die literarischen Epochen der Klassik, Romantik, Junges Deutschland, Biedermeier, Vormärz und Realismus“, schreibt Traute Zacharasiewicz in ihrer Monografie „Nachsommer des Biedermeier. Emilie von Binzer. Eine Freundin Adalbert Stifters“ (S. 107.)
Emilie von Binzers Werk thematisiert Freundschaft, Liebe und Leidenschaft, ebenso wie die sozialen und politischen Umwälzungen ihrer Zeit und frauenemanzipatorische Gedanken. Ihr Schaffen reicht von Erzählungen und Theaterstücken bis hin zu ihren Memoiren. In Bezug auf Frauen, Erinnerungskultur und auch im Hinblick auf den Forschungsschwerpunkt unseres Museums sind diese tatsächlichen Erinnerungen der Emilie von Binzer am interessantesten.
„Als ich im Sommer 1871 auf meinem Landhause in Aussee (Steiermark) anlangte, fand ich auf dem Tische zwei dicke Bände liegen mit der Aufschrift: ‚Jugenderinnerungen von Gustav Parthey, Handschrift für Freunde.‘ Das Packet war unter meiner Adresse mit der Post angekommen. Bei diesem Anblick durchzuckte es mich freudig, denn der Name auf dem Titelblatte gehörte nicht nur einem in weiten Kreisen geachteten Manne und gründlichem Gelehrten, sondern auch einem theuren Jugendfreunde, den ich viele Jahre nicht gesehen hatte, und mit dem ich überhaupt nur als junges Mädchen in regem Verkehr gewesen bin. Daß er mich nicht vergessen hatte, bewies mir dieses Buch – und welch ein Buch!“
Emilie von Binzer, Drei Sommer in Löbichau, Vorwort
So beginnt Emilie von Binzers Buch „Drei Sommer in Löbichau“, das 1877 in Stuttgart veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich um ihre verschriftlichten Erinnerungen der Jahre 1819, 1820 und 1821, die sie mit ihrer Pflegemutter und Tante Wilhelmine von Sagan im Sommerschloss ihrer Großmutter Anna Dorothea von Kurland verbracht hatte. 50 Jahre nach den eigentliche Geschehnissen beschreibt sie Auszüge aus ihrer Jugendzeit, spricht über ihre Familie und über die Löbichauer Gäste, über besondere und weniger besondere Situationen des Salonalltags und gibt auf humoristische, unterhaltende und nicht selten ironische Weise einen ganz speziellen und persönlichen Einblick in das Leben der damaligen Zeit.
Den Anlass dafür beschreibt sie im Vorwort des Buches selbst: Die Jugenderinnerungen ihres alten Freundes Gustav Partheys, der oft selbst mit seiner Familie Gast der Herzogin war und wie Emilie damals zur eigenwilligen Jugend gehörte.
Emilie von Binzer ist sich in ihren Beschreibungen sehr wohl bewusst, dass Erinnerungen trügen können und ein Autor oft dazu neigt, dem Leser Dinge zu erzählen und zu erklären, die so nie gewesen sind. Sie versucht ein objektives Bild der Personen und Ereignisse zu zeichnen, wobei sie sich ihrer eigenen Meinung immer bewusst ist. Die Eigenarten und Charaktere beschreibt sie von verschiedenen Standpunkten und ist dabei nicht gewillt, zu beschönigen. Mit Kritik, einer guten Portion Selbstironie, aber immer mit Feingefühl gibt sie ihre Eindrücke wieder. Oft benutzt sie Zitate aus den Schriften anderer Autoren oder gibt Dialoge wieder, so gut sie sich daran erinnert. Entstanden ist ein persönlicher Rückblick auf drei Jahre einer erfüllten Jugendzeit und eine ehrliche Würdigung ihrer großen weiblichen Vorbilder: der Herzogin Anna Dorothea von Kurland und ihrer Tante Wilhelmine von Sagan.
Emilie von Binzers Werk galt lange Zeit – neben der 1823 erschienenen Biografie von Christoph August Tiedge und den Erinnerungen Gustav Partheys und Elisa von der Reckes – als wichtigste biografische Quelle zur Herzogin von Kurland.
„Den Spargel jeder gerne iszt, Emilie gar zu länglich ist.“ – Löbichauer Gäste in Karikaturen
Was Emilie von Binzers „Drei Sommer in Löbichau“ so wertvoll für die Forschung zum Salon der Herzogin von Kurland macht, ist ihre Nähe zur Realität. Ihre Beschreibungen sind zeitlich korrekt und decken sich mit denen anderer Quellen – natürlich immer mit Blick auf die persönliche Sicht Emilie von Binzers.
Im Jahr 2014 gelang es dem Museum Burg Posterstein mit finanzieller Unterstützung des Freistaats Thüringen und der Bürgerstiftung Altenburger Land ein Konvolut Zeichnungen zu erwerben. Aufbewahrt in einer grünen Halblederkassette, entpuppte sich der Inhalt als ausgesprochene Rarität: eine Sammlung von Portraitblättern, hautsächlich von der Hand des Malers Ernst Welkers (1784/88–1857), der den Sommer 1819 als Zeichenlehrer Emilie von Binzers in Löbichau verbrachte. Die von Ernst Welker portraitierten Personen gehören alle zum engeren Umfeld der Herzogin von Kurland und treten als Fabelwesen auf. Meist wählte der Künstler eine Tiergestalt aus, deren Kopf er durch ein Portrait der entsprechenden Person ersetzte. Doch: Mindestens eine der Zeichnungen stammt von Emilie von Binzer selbst. Nachweislich befanden sich diese kleinen kolorierten Zeichnungen, die immer in einem humoristischen Vers enden, 1871 noch in ihrem Besitz.
„Ich besitze eine Mappe, die klein Welckerchen in Löbichau mit Porträts der ihm zugänglichen anwesenden Gäste, meist in Thiergestalt, füllte; darunter stehen Fibelverse, die sich mehr durch gute Laune, ja Uebermuth, als durch Witz auszeichnen; die Mappe enthielt siebenundvierzig Blätter, die gelegentlichen Besucher aus der Nachbarschaft sind nicht darunter, nur solche, die wirklich in Löbichau wohnten; ich sondere diejenigen Personen aus, die erst nach den Universitätsferien eintrafen, mische dann die Blätter und nenne der Reihe nach einige der Gäste.“
Emilie von Binzer, Drei Sommer in Löbichau, S. 86
Auf den folgenden Seiten berichtet Binzer nicht nur über die dargestellten Personen, auch die Zeichnungen selbst werden beschrieben und stimmen mit den Originalen im Detail überein.
Momentan befindet sich ein Großteil dieser einzigartigen Zeichnungen im Depot des Museums. In hoher Auflösung sind sie auf Wikimedia Commons zu finden. Für 2021 plant das Museum Burg Posterstein eine Sonderschau zu Ernst Welker, seinem Leben und seinem Werk. Im Zuge dieser Ausstellung werden nicht nur der Künstler und die Herzogin von Kurland thematisiert, auch Emilie von Binzer wird eine wichtige Rolle spielen.
Zum Weiterlesen:
Emilie von Binzer: Drei Sommer in Löbichau, Stuttgart 1877.
Klaus Hofmann (Hrsg.): Salongeschichten. Paris-Löbichau-Wien, Posterstein 2015.
Traute Zacharasiewicz: Nachsommer des Biedermeier. Emilie von Binzer. Eine Freundin Adalbert Stifters, Linz 1983.
Museumsdirektor Klaus Hofmann mit Uwe Buchheim und dessen Schenkung.
Ganz überraschend erhielt das Museum Burg Posterstein am Internationalen Museumstag am vergangen Sonntag ein kostbares Geschenk: Ein Aquarell des Malers Ernst Welker, der 1819 und 1820 als Zeichenlehrer mit Wilhelmine von Sagan an den Musenhof Löbichau kam. Der Musenhof der schönen Herzogin Anna Dorothea von Kurland steht seit nunmehr 25 Jahren im Mittelpunkt der Forschungsarbeit des Museums Burg Posterstein. Uwe Buchheim aus Altenburg entdeckte die von Ernst Welker auf einer Italienreise gezeichnete Stadtansicht bei einer Internetauktion, kaufte sie und schenkte sie nun dem Museum. Dort wird sie in die Sammlung Kurland eingehen. Uwe Buchheim stellt darüber hinaus als privater Leihgeber dem Musem derzeit wertvolle historische Bibeln für die Ausstellung “Das besondere Exponat zur Reformation: Kostbare Bibeln und das Rollbild Der Leipziger Festzug zur Reformationsfeier 1830” zur Vergügung und hat sich als Mitglied der Bürgerstiftung Altenburger Land schon seit vielen Jahren für das Regionalmuseum des Landkreises engagiert.
Dieses Aquarell des Malers Ernst Welker erhielt das Museum Burg Posterstein 2017 von Uwe Buchheim aus Altenburg
Erst 2015 präsentierte das Museum Burg Posterstein in der Ausstellung “Salongeschichten: Paris – Löbichau – Wien” ein Konvulut an witzigen Zeichnungen, die Ernst Welker von Löbichauer Gästen angefertigt hatte. Welker porträtierte die Herzogin und ihre hohen Gäste in Tiergestalt – darunter nicht nur Anna Dorothea von Kurland selbst, sondern auch ihre Töchter und Pflegetöchter, eine Reihe kurländischer Adliger, den Gothaer Herzog August Emil Leopold, den Strafrechtler Paul Johann Anselm von Feuerbach und die Familie Theodor Körners. In einem kleinen Buch veröffentlichte das Museum 2015 die Zeichnungen zusammen mit einem historischen Abriss zum Löbichauer Salon und Biografien der Abgebildeten.
Ernst Welker – Maler mit Humor
So zeichnete Ernst Welker sich selbst (Sammlung Museum Burg Posterstein).
Der Maler und Lützower Jäger Ernst Welker (1784/88–1857) hatte laut seiner Zeichenschülerin Emilie von Binzer, später selbst eine angesehene Schriftstellerin, “einen gewaltigen Stutzbart, der wie eine Art von Äquator sich von einem Ohr zum anderen zieht”. In einer der Karikaturen aus der Postersteiner Sammlung nahm Welker sich auch selbst auf die Schippe, indem er sich als Auster darstellte. Darunter der Spruch:
“Die Auster ist von guter Art Das groeste an ihr ist der Bart.”
Ernst Welker, der seine Ausbildung in Weimar und Wien absolviert hatte, befand sich mehrfach auf Studienreisen in Italien. Von welcher Reise das Bild stammt, das nun neu in die Postersteiner Sammlung eingehen konnte, soll dem Museum nun Anlass zu weiterer Forschungsarbeit geben.
Mehr erfahren zu Ernst Welkers Karikaturen Löbichauer Gäste:
Schon über 1000 Besucher haben sich die aktuelle Sonderausstellung “Salongeschichten” mit Portraitzeichnungen Löbichauer Salongäste aus dem Jahr 1819/20 angesehen. Bei mehrmaligem Hinsehen fallen versteckte Details ins Auge.
Der Maler Ernst Welker stellte die schöne Herzogin als Pudel dar.
Beim ersten Mal schauen bleibt der Blick an den mal witzig, mal sonderbar portraitierten Personen hängen. Die Herzogin als treuer Pudel. Emilie von Binzer als dünner Spargel. Der Strafrechtler Feuerbach als Nagel. Der Gothaer Herzog als stolzen Pfau und der Dichter Schink als Brunnen, der frisches Wasser spendet. Man liest darunter die in Versform säuberlich handschriftlich verfassten Zeilen, zum Beispiel: “Der Brunnen frisches Wasser giebt / Der Baer den süssen Honig liebt”, und überlegt, was das nun mit dem bekannten Dichter und Dramaturg Johann Friedrich Schink (1755-1835) zu tun haben könnte.
Wie viele Zeichner waren hier am Werk?
Im Vers zum Portrait von Christoph August Tiedge ist eine nachträgliche Änderung deutlich erkennbar. (Museum Burg Posterstein)
Auf den zweiten Blick und im milden Licht der Ausstellungsräume gut zu erkennen, bemerkt man die zarten Bleistiftstriche, mit denen der Zeichner seine ungewöhnlichen Portraits vorgezeichnet hat. Am oberen Blattrand wurde zunächst mit Bleistift der Name der dargestellten Person vermerkt und nachträglich mit Tusche von mindestens zwei Handschriften vervollständigt. Später fügte jemand ein Kreuz hinzu – offenbar, wenn die betroffene Person zum Zeitpunkt der Recherche für Emilie von Binzers Buch “Drei Sommer in Löbichau” bereits verstorben war. In diesem Spätwerk von 1877 beschreibt die bekannte Schriftstellerin auch einige der Portraitzeichnungen, die nun in der Ausstellung zu sehen sind.
Versteckte Details und nachträgliche Veränderungen
Bei manchen Zeichnungen wird eine nachträgliche Bearbeitung erkennbar. Der Schriftsteller Christoph August Tiedge (1752-1841) beispielsweise wurde als Stuhl dargestellt. Im zugehörigen und im wahrsten Sinne des Wortes auf Biegen und Brechen gereimten Vers “Wie herrlich pranget hier der Lehn Stuhl / Den Hals bricht wer vom Dache fuhl”, hat jemand nachträglich “ein Stuhl” in “der Lehn Stuhl” geändert.
Das Buch “Salongeschichten” erscheint zur Ausstellung
Die kleinformatigen, aquarellierten Zeichnungen stammen von Ernst Welker (1784/88-1857), der als Zeichenlehrer Emilie von Binzers – der Enkelin der Herzogin von Kurland – einige Sommer am Musenhof Löbichau verbrachte. Sie geben einen spannenden Eindruck in das alltägliche Leben in dem kleinen Thüringer Schloss, wo die weltgewandte Herzogin Künstler und Staatsmänner, Bürgerliche und Adlige um sich scharte. Man dichtete und spielte Theater, sang und flanierte durch die Gärten. Am Abend sammelte sich die Gesellschaft zur Teestunde. 2014 konnte das Museum Burg Posterstein die gut erhaltene Sammlung aus dem Besitz Emilie von Binzers mit finanzieller Unterstützung des Freistaates Thüringen und der Bürgerstiftung Altenburger Land ankaufen und zeigt sie noch bis 15. November im Rahmen einer Sonderausstellung. Zur Ausstellung erscheint ein gleichnamiges Buch.
Die Sonderausstellung „Salongeschichten: Paris – Löbichau – Wien“ wird am Sonntag, 16. August 2015, 15 Uhr, feierlich eröffnet. Erstmals zeigt das Museum Burg Posterstein eine einmalige Sammlung witziger Portraitbilder von 47 historischen Persönlichkeiten, die 1819/20 als Gäste im Musenhof Löbichau der Herzogin von Kurland in Löbichau den Sommer verbrachten. Die weltgewandte Herzogin legte Wert darauf, Künstler und Schriftsteller zu fördern und stand in Kontakt mit den wichtigsten Persönlichkeiten ihrer Zeit. Zur Eröffnung der Ausstellung erwartet das Museum einen ganz besonderen Gast: Den Herzog von Gotha.
Im Herbst 1820 besuchte August Emil Leopold, Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg (1772–1822) den Musenhof der Herzogin Anna Dorothea von Kurland (1761–1821) im Schloss Löbichau. Der Herzog war eine auffällige Herrscherpersönlichkeit, die sich vor allem als Förderer der Künste und der Wissenschaft hervortat. Im Musenhof Löbichau zog er alle Aufmerksamkeit auf sich.
Zur gleichen Zeit befand sich der Maler Ernst Welker (1784/88–1857) als Gesellschafter und Zeichenlehrer der späteren Schriftstellerin Emilie von Binzer (1801–1891), einer Enkelin der Herzogin von Kurland, in Löbichau. Er portraitierte neben 46 anderen Löbichauer Gästen auch den Herzog von Gotha auf humoristische Art und Weise in Tiergestalt.
Im Handumdrehen das idyllische Leben in Löbichau in eine Hofhaltung verwandelt
„Welcker traf den Herzog vortrefflich als Pfau.“, notierte Emilie von Binzer Jahrzehnte später in ihrer Rückschau „Drei Sommer in Löbichau“. Während sie diesen humorvollen Rückblick auf ihre Jugend im Löbichauer Salon verfasste, betrachtete sie offenbar noch einmal Welkers Portraitzeichnungen, die sie in einer grünen Schachtel aufbewahrte, und schrieb einige Zeilen zu den dargestellten Personen. Die Ankunft des Herzogs beschrieb sie so:
„Im Anfang September traf ein Besuch ein, dessen Erscheinung keinen geringen Rumor in Löbichau machte, es war der Herzog von Gotha. (…) Im Handumdrehen war das idyllische Leben in Löbichau in eine Hofhaltung verwandelt; die Herzogin und ihre Töchter warfen sich in Staat, wir zogen unsere kleidsamsten Gewänder an, denn sonst nannte man Löbichau mit Unrecht einen Hof; …“ (Emilie von Binzer: Drei Sommer in Löbichau. Stuttgart 1877, S. 98)
2014 konnte das Museum Burg Posterstein aus Finanzmitteln des Freistaates Thüringen und der Bürgerstiftung Altenburger Land genau diese einmalige Sammlung kleinformatiger, aquarellierter Portraitzeichnungen erwerben. Von 16. August bis 15. November 2015 werden sie in der Sonderausstellung „Salongeschichten: Paris- Löbichau – Wien“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Der Herzog kommt zur Eröffnung
Zur Ausstellungseröffnung am 16. August, 15 Uhr, hat sich ein ganz besonderer Gast angekündigt: Der Gothaer Schauspieler Ralph-Uwe Heinz, der sonst unter anderem auf historischen Stadtführungen durch Gotha führt, kommt als Herzog von Gotha zur feierlichen Ausstellungseröffnung. Im Stil des Löbichauer Musenhofs wird er auf kurzweilige und witzige Art und Weise Kostproben aus dem schriftstellerischen Schaffen des Herzogs geben. Unser Teaser zur Ausstellung – hier geht’s zum Video.