Vor einer Woche fand im Deutschen Historischen Museum in Berlin die von Museum.de (Uwe Strauch) organisierte Tagung „Museum kommuniziert“ statt. Der Titel war etwas irreführend, das Spektrum des Begriffs „Kommunikation“ ist weit und meine Kollegin und ich hatten uns anderes erhofft. Wir dachten an die Vorstellung von Leuchtturmprojekten auf dem Gebiet der musealen Kommunikation, die uns in unserer täglichen Arbeit inspirieren würden. – Stichwort: #Lustwandeln, Bloggerreisen, innovative Apps – also neue Ansätze in Museen, um mit Besuchern zu interagieren, gern auch digital.
Lasst uns kommunizieren @DHMBerlin zum Museumstreffen 2016! #museumkomm @MH_TextWeb @BurgPosterstein pic.twitter.com/7V9YybuiTB
— franzi huberty (@FranziHuberty) October 19, 2016
Es sprachen Vertreter renommierter Häuser. Die angesprochene Bandbreite der Interpretation von „Kommunikation“ im Museum reichte dabei von der Wahl des Ausstellungsthemas/des Künstlers als Form von Kommunikation über Events als Kommunikationsmittel bis hin zur Aufbereitung der Ausstellungen (inklusiv) als Mittel der Kommunikation mit dem Besucher.
Interessant: @histmuseenhh haben ihre eigene Zeitschrift "Hamburg History Life" am Markt #museumkomm pic.twitter.com/vYmtAR4cnu
— Marlene Hofmann (@MH_TextWeb) October 19, 2016
Im Detail sprach Katja Altmann, Direktorin des Museum Schloss Klippenstein in Radeberg, über die Herausforderungen eines kleinen Museums und über die (notwendige) gesellschaftliche Einbindung des Museums ins Vereinsleben vor Ort. Dr. Tobia Bezzola, Direktor des Museums Folkwang in Essen, sprach darüber, wie entscheidend die Auswahl der gezeigten Kunst dazu beiträgt, was ein Kunstmuseum nach außen kommuniziert. Börries von Notz, Alleinvorstand der Stiftung Historischer Museen Hamburg, umriss die Chancen und Herausforderungen des Baus eines neuen, modernen Hafenmuseums und erwähnte auch, dass sein Haus seit einem Jahr die Hochglanz-Zeitschrift „Hamburg History Live“ deutschlandweit vertreibt. Berthold Porath, Direktor des Dornier Museum Friedrichshafen am Bodensee, berichtete über das Konzept, das Museum auch als Event-Location zu etablieren.
Dr. Marc Fehlmann, Sammlungsdirektor am Deutschen Historischen Museum in Berlin, sprach über das gesamte, breite und umfangreiche Spektrum der Vermittlung und Kommunikation mit dem Besucher am Deutschen Historischen Museum, beispielsweise über inklusive Sonderausstellungen. Drs Hedwig Saam, Direktorin des Nationalen Militärmuseums der Niederlande in Soest, stellte ihr erst 2014 eröffnetes, familienfreundliches Museum vor und erläuterte, wie man dort verschiedene Zielgruppen auf unterschiedlichen Niveaus – vom Allgemeinen bis ins Detail – anspricht. Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Instituts Mathildenhöhe Darmstadt, ging einerseits auf sein Haus als Ort für kulturelle Veranstaltungen sowie auch auf den Auftritt in Europeana ein. Zum Schluss sprach Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, über seine Ansätze, ein junges Publikum gezielt anzusprechen – beispielsweise mit der Etablierung der Völklinger Hütte als Ort für Festivals im Bereich Jazz, Hip-Hop und Elektro-Pop.
Besucher sehen & verstehen: Beim @NMMSoesterberg begrüßt und informiert auch Direktorin Dr. Hedwig Saam "under cover" Besucher #museumkomm
— Marlene Hofmann (@MH_TextWeb) October 19, 2016
Digitale Innovationen für das Museum vor Ort nutzen
Die Aspekte, die ich interessant fand, fanden nur kurz oder gar nur als Randbemerkungen Erwähnung: Beispielsweise testet das Institut Mathildenhöhe Darmstadt gerade ein Tool, mit dem Besucher Ausstellungsobjekte über den Audioguide bzw. die Objektbeschriftung in sozialen Medien kommentieren können. Das Projekt ist gerade angelaufen, weshalb es noch keine Infos zum Erfolg gibt. Es bietet aber viele Potentiale: Zum einen könnte sich ein Gespräch zu einzelnen Objekten und Bildern entwickeln – zwischen Museum und Besuchern, die zu unterschiedlichen Zeiten das Objekt/Bild betrachtet haben. Gleichzeitig ist es für das Museum nicht nur eine Chance, mit Besuchern auf Augenhöhe zu interagieren, sondern auch Feedback zu erhalten.
Die Idee hat mich stark an das twitter-basierte Projekt „Hint me“ mehrerer Kunstmuseen in Dänemark erinnert, initiiert von Merete Sanderhoff, verantwortlich für Digitales im Statens Museum for Kunst. „Hint me“ soll inzwischen leider eingestellt werden, vermutlich, weil Twitter in Dänemark von den breiten Besuchermassen nicht genug genutzt wird. Merete Sanderhoff teilte mir per Twitter mit, dass aus der Idee und den Erfahrungen aber neue zukunftsweisende Projekte erwachsen sind. Jetzt hoffe ich, dass Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Instituts Mathildenhöhe, auf die eine oder andere Art über den Fortgang des aktuellen Projekts in Darmstadt informieren wird. Gerne hätte ich einen 30-minütigen Vortrag nur über dieses Projekt gehört!
True! But new projects came out of, i.e. the Danish contribution to #Europeana280 came largely from #hintme with already open content 🙂
— Merete Sanderhoff (@MSanderhoff) October 27, 2016
Tagung ohne Hashtag
Seit einigen Jahren haben sich Hashtags für Konferenzen und Tagungen etabliert. Manchmal verfolge ich – gezielt oder zufällig – Tagungen, deren Thema mich interessiert aus der Ferne (wie gestern beispielsweise die Tagung #Anker16 zum Thema Bloggen in München, die zeitweise zu den Trending Topics auf Twitter zählte und meine Timeline füllte). Bei besonders innovativen Veranstaltungen wird das digitale Publikum gezielt einbezogen, indem es nicht nur einen Hashtag, sondern vor Ort auch eine Twitterwall/Social Media Wall gibt, die Kommentare sammelt und sichtbar macht und womöglich auch einen Livestream von der Tagung. Immer mehr Tagungsteilnehmer halten ihr Netzwerk v.a. durch Tweets auf dem Laufenden. Dadurch entstehen interessante Gespräche, die vor Ort oft so nicht zustande kommen, und die mediale Reichweite der Tagung steigt.
Bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Museum kommuniziert“ hatte ich zumindest einen festen Hashtag erwartet. Vom Veranstalter kam auf meine Nachfragen auf Facebook und Twitter keine Reaktion. Mit dem Deutschen Historischen Museum habe ich mich dann auf Twitter auf den Hashtag #museumkomm geeinigt, der dann – nur durch ganz wenige Twitter-Nutzer und Tweets eine Reichweite von über 160.000 Impressionen entwickelte. Welche Reichweite und welche Diskussionen hätten erst entstehen können, wenn man die Tagung von Anfang an online betreut, konsequent begleitet und die Teilnehmer aktiv zur digitalen Diskussion aufgefordert hätte? Nachbesprechung in Blogs, Facebook, etc. dienen schließlich auch dem Image der Veranstaltung.
Wie sich in den Pausengesprächen abzeichnete, war ich nicht die einzige Teilnehmerin, die das Tagungsmotto missverstanden hatte. Im Endeffekt ging es um das traditionelle Netzwerken mit Kollegen und Firmen vor Ort, was natürlich seine Vorteile und Berechtigung hat, weil man viele interessante Menschen kennenlernt.
Zum Schluss möchte ich mich – sicherlich unschwer an meinem Blogpost zu erkennen – als Angehörige der „Nintendo-Generation“ outen. Den Begriff habe ich erst durch den Vortrag von Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, gelernt. Demnach gehören alle unter 40 dieser Generation an, die er nicht nur als hochmobil, global und ständig Content konsumierend beschrieb, sondern auch als nicht mehr fleißig, verschwenderisch, egozentrisch und entgegen der Hochkultur. Während die Marketingabteilung der Völklinger Hütte diese dem Direktor so fremde Zielgruppe erfolgreich anspricht, dürften sich einige unter 40-jährige im Tagungspublikum über diese Charakteristik weniger gefreut haben.
Eine Sammlung aller Tweets zur Tagung gibt es hier:
https://storify.com/MH_TextWeb/museum-kommuniziert-wie-wo-und-wohin
Von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein