Napoleon im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen: Präsentation eines besonderen Buchprojekts mit acht Autoren und Informationen aus noch ungesichteten Quellen – Ein Beitrag zur Blogparade „Kultur erleben – #KulturEr“ von Tanja Praske
Im Oktober 2013, ja fast während des gesamten Jahres 2013, wurde in zahlreichen Orten Mitteldeutschlands der Völkerschlacht gedacht. An jenen vier Tagen vor zweihundert Jahren entschied sich vor den Toren Leipzigs in der bisher größten Schlacht der Menschheitsgeschichte das Schicksal des Kontinents. Napoleons Truppen, nach dem verheerenden Russlandfeldzug wieder erstarkt, trafen auf eine Kriegskoalition aus Preußen, Österreich, England und Schweden. 600.000 Soldaten aus über einem Dutzend Nationen prallten in diesen dramatischen Oktobertagen in einer Serie erbitterter Schlachten aufeinander. Die Bilanz des Grauens: fast 100.000 tote Soldaten und ungezählte zivile Opfer.
Ein Meilenstein in der diesjährigen Museumsarbeit und das Werk vieler Autoren
Das Museum Burg Posterstein, Mitglieder des Museumsvereins, der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg sowie des Heimatvereines des Bornaer Landes und weitere Autoren beschäftigten sich schon seit knapp zwei Jahren mit der Planung und Vorbereitung eines gemeinsamen Projekts zur Völkerschlacht. Für das Museum war das insofern eine Besonderheit, dass es eine Zusammenarbeit dieser verschiedenen Akteure bisher noch nicht gegeben hatte. Die Fertigstellung eines so umfangreichen Forschungsprojekts wie dem Buch „Napoleon im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen“ stellt für uns einen Meilenstein der diesjährigen Museumsarbeit dar.
Buchpräsentation mit vielen Gästen
Zur Buchpräsentation am 13. Oktober kamen rund 50 interessierte Besucher, die an diesem Nachmittag die Möglichkeit bekamen, tief in die regionale Geschichte einzutauchen. Der TV-Journalist Gunter Auer erstellte dazu einen gelungenen Bericht.
Ein kurzer Blick ins Buch: Von den Napoleon-Karikaturen bis zum Tatarengrab von Kleinbeucha
Die Völkerschlacht bei Leipzig bildete den Wendepunkt in der Auseinandersetzung mit Napoleon und leitete dessen Fall, der schon in Russland begonnen hatte, in der letzten Konsequenz ein. Die öffentliche Haltung gegen Napoleon spiegelt sich nicht zuletzt in Karikaturen wider, die in der Zeit unmittelbar nach der Niederlage entstanden und mittels Reproduktionsgraphik verbreitet wurden. Ein tragendes Element des Buches „Napoleon im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen – 200 Jahre Völkerschlacht“ bilden 45 Karikaturen aus der Sammlung der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, die den zeitgenössischen, spöttischen Blick auf die Ereignisse um Leipzig widerspiegeln. Verschiedene Autoren geben darüber hinaus Einblicke in die Ereignisse des Jahres 1813.
Klaus Hofmann (Museum Burg Posterstein) wertet in seinem Beitrag „Chronologie der Ereignisse in der Region um Altenburg zitiert aus den Akten des Kriegsarchivs in Wien – Korrespondenz der Militärs mit dem Österreichischen Hauptquartier“ umfangreiche Militärkorrespondenzen, die im Wiener Kriegsarchiv lagern, aus. Auf die Rolle der Herzogin Anna Dorothea von Kurland und ihrer Töchter geht Sabine Hofmann (Museumsverein Burg Posterstein e.V.) in dem Kapitel „Drey Tage hat man sich geschlagen. Das Blut ist auf beiden Seiten geflossen. – Die Kurländerinnen in Kriegszeiten“ ein. Gustav Wolf (Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg) fasst in dem Kapitel „Noch am Abende dieses Tages traf der Kaiser von Rußland ein und stieg auf dem herzoglichen Schlosse ab. – Truppendurchzüge durch Altenburg 1813 im Spiegel der Aufzeichnungen von Friedrich Wagner“ die Situation in und um die Stadt Altenburg zusammen, seine Hauptquelle dafür sind die detaillierten Aufzeichnungen des Altenburger Regierungs- und Finanzrat Friedrich Wagner (1792-1859) (mehr zum Thema). Um den Einfluss des Verlegers Friedrich Arnold Brockhaus drehen sich die Kapitel „Die Deutschen Blätter von Friedrich Arnold Brockhaus“ (Klaus Hofmann) und „Brockhaus und seine Altenburger Zeit“ (Gustav Wolf) – Mehr zum Thema. Der Regionalforscher Andreas Klöppel steuerte das Kapitel „Die Gedenktafel von Gardschütz – Ereignisse im Altenburger Land im Vorfeld der Völkerschlacht“ bei. Manfred Zinecker stellt „Das „1. Thüringer Bataillon““ vor und Helmut Hentschel das „Das Tatarengrab von Kleinbeucha“. Eine Zeitleiste von Dr. Hans-Jürgen Ketzer (Leiter des Volkskundemuseums Wyhra) stellt im Anhang „1813 – Ereignisse und Entwicklungen“ dar.
Aber auch Napoleon steht im Zentrum des Interesses: Dr. Hans-Jürgen Ketzer beleuchtet in seinem Beitrag „Sein beispielloses Emporsteigen und das Überwiegen seiner herkulischen Macht genügte ihm noch nicht. – Napoleon im Urteil zeitgenössischer Bewohner des Bornaer Landes“ den Feldherren aus Bornaer Sicht. Die Historikerin Franziska Engemann geht in dem Kapitel „Der andere Kampf gegen Napoleon – Die deutsche politische Karikatur in der Zeit der Befreiungskriege“ auf die Darstellung von Napoleon in zeitgenössischen Kulturen ein. Im Kapitel „Der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha zum Geschenk gemacht von Frau Präsident Freytag. – Napoleon-Karikaturen in der Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha“ beschreibt sie die Karikaturen aus der Sammlung der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, die eine wichtige Grundlage der Ausstellung und des Buchs bilden.
Napoleon – im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen – 200 Jahre Völkerschlacht bei Leipzig
Museum Burg Posterstein, 2013
ISBN 978-3-86104-098-9, 212 Seiten, 24 Euro
Das Buch ist erhältlich im Museum sowie über E-Mail info@burg-posterstein.de. Ohne die finanzielle Hilfe des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Bürgerstiftung Altenburger Land, des Landkreises Altenburger Land und des Fördervereins des Museums wäre das Projekt nicht zu realisieren gewesen.
Ausstellung „200 Jahre Völkerschlacht“ läuft noch bis 17. November
Die gleichnamige Ausstellung „Drey Tage hat man sich geschlagen. Das Blut ist von beyden Seiten geflossen. Napoleon, im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen – 200 Jahre Völkerschlacht“ läuft noch bis 17. November 2013 im Museum Burg Posterstein.
(Von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein)
Weitere Artikel zum Thema:
„Ein wichtiges strategisches Zentrum – Altenburg während der Völkerschlacht“ (Blogartikel)
Bericht “ Archivschätze in Posterstein ausgegraben“ über die Sonderausstellung von Katja Schmidtke am 12.10.2013 in der Ostthüringer Zeitung
Die Blogparade #KulturEr:
Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade „Kultur erleben“ #KulturEr von Tanja Praske, an der sowohl Museen als auch Privatpersonen mit vielen spannenden Beiträgen teilgenommen haben. Für das Museum Burg Posterstein ist die Fertigstellung eines so umfangreichen Forschungsprojekts wie dem Buch „Napoleon im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen“ ein Meilenstein der diesjährigen Museumsarbeit. Wir danken allen Mitwirkenden, Förderern, Besuchern und Lesern.