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Schlagwort-Archive: Hans Fallada

Ostereier-Schau mit “Easter Eggs”

Geschichte & Geschichten Veröffentlicht am 6. April 2023 von Museum Burg Posterstein6. April 2023

Die Ostereier-Schau, die wir bis 1. Mai 2023 im Museum Burg Posterstein zeigen, enthält diesmal einige “Easter Eggs”, die sich auf unsere anderen Ausstellungen, Sammlungen und Forschungen beziehen. Für alle, denen der Begriff nicht so geläufig ist: Unter “Easter Eggs” versteht man versteckte Hinweise und Referenzen in künstlerischen Werken wie Filmen und Büchern, die sich auf andere Werke beziehen. In unserem Fall gibt’s in der Ausstellung mehr oder weniger unauffällige Andeutungen auf Ausstellungsthemen der ständigen Ausstellungen und der nächsten Sonderschau.

Die Ostereier-Schau auf Burg Posterstein

Die Ostereier-Schau „Wenn die Osterglocken läuten“ holt von 1. April bis 1. Mai 2023 den Frühling in die Burg Posterstein. Die Sonderschau zeigt in einem Raum hunderte, von Peter Rehfeld in verschiedenen Techniken gestaltete Ostereier aus der Sammlung des Museums und stellt sie Frühlingsgedichten gegenüber. Die Gedichte schrieben Autorinnen und Autoren, die in der ständigen Ausstellung des Museums eine Rolle spielen.

Screenshot von You-Tube - Man sieht eine Hand, die ein Osterei mit einer Narzisse bemalt neben einem Korb voller bemalter Eier
Im Video gestaltet Marion Dinger aus dem Museumsverein Burg Posterstein e.V. ein Osterei mit Narzisse und Gedicht – per Klick gelangen Sie zu unserem YouTube-Account, wo Sie sich die Anleitung im Zeitraffer anschauen können.

Was haben Jean Paul, Theodor Körner und Hans Fallada gemeinsam?

In der Ostereier-Schau treffen Besucherinnen und Besucher auf Gedichte von Theodor Körner, Jean Paul, Hans Wilhelm von Thümmel, Elisa von der Recke und Christoph August Tiedge, die allesamt Gäste im Salon der Herzogin von Kurland in Löbichau waren. Auch ein Gedicht, wenn auch kein fröhliches, von Hans Fallada, dem das Museum ab 14. Mai 2023 eine Ausstellung widmet, ist dabei.

Alle Schriftsteller eint, dass sie zu Lebzeiten Gast, vorrübergehend wohnhaft oder beheimatet im heutigen Altenburger Land waren und in der ständigen Ausstellung des Museums Erwähnung finden.

Das Patenkind der Herzogin Dorothea: Theodor Körner

Im Frühling

1810

Morgenduft!
Frühlingsluft!
Glühend Leben,
Muthige Lust,
Freudiges Streben
In freudiger Brust!
Hinauf, hinauf
Auf der lichten Bahn
Dem Frühling entgegen!

Auf allen Fluren
Der Liebe Spuren,
Der Liebe Segen.
Wälderwärts
Zieht mich mein Herz,
Bergaus, bergein,
Frei in die Welt hinein,
Durch des Tages Gluth,
Durch nächtlich Grausen!

Jugendmuth
Will nicht weilen und hausen.
Wie alle Kräfte gewaltig sich regen,
Mit heißer Sehnsucht spät und früh,
Dem ewigen Morgen der Liebe entgegen,
Entgegen dem Frühling der Phantasie!

Aus: Theodor Körner: Gedichte, in: Theodor Körner‘s Werke. Vollständigste Ausgabe mit mehreren bisher ungedruckten Gedichten und Briefen, Berlin 1890.

Theodor Körner (1791–1813) weilte häufiger in Löbichau als Gast seiner Patin, der Herzogin Dorothea von Kurland. Er studierte in Leipzig und Wien, wo er am Burgtheater arbeitete. Bekannt wurde er als Dichter der Befreiungskriege, in denen er 1813 starb. Der Maler Ernst Welker, von dem unsere Podcast-Folge Nummer 9 erzählt, zeichnete sein Grab. Auch Welker war – wenn auch später als Körner – in Löbichau.

Eine Bank, daneben eine mit Osterglpcken bepflanzte Zinkwanne und im Hintergrund Vitrinen mit Ostereiern in der Ausstellung im Museum Burg Posterstein
Die Postersteiner Ostereier-Schau verbindet Ostereier und Frühlingsgedichte.

Die Halbschwester der Herzogin: Elisa von der Recke

Ebenfalls eine Taufpatin Theodor Körners war die Schriftstellerin Elisa von der Recke (1754–1833), die Halbschwester der Herzogin Anna Dorothea von Kurland. Sie schrieb unter anderem folgendes Frühlingsgedicht:

Frühlingslied

Sieh, der Frühling lacht uns wieder;
Bunt geschmückt sind Hain und Flur;
Laut erschallen seine Lieder
Von den Sängern der Natur;
Lichte Silberwolken mahlen
Schön sich auf des Himmels Blau,
Und die Pracht der Sonnenstrahlen
Schmückt mit Glanz die Blumenau‘.
Reiche Saat wogt auf den Feldern,
Wie ein grünes Wellenmeer;
Auf den Bergen, in den Wäldern
Lacht um uns die Freude her;
Jeder neue Tag entfaltet
Neuen Blüthenschmuck der Flur;
Und die Schönheit, die veraltet,
Wird ein Segen der Natur.
Schnell auch welkt der Jugend Blüthe,
Gleich dem holden Lenz, dahin!
Weisheit, zarte Seelengüte,
Sind ein bleibender Gewinn.
Lerne du von Mutter Erde,
Wie sie Lenz und Sommer braucht!
Daß zur Frucht die Blüthe werde,
Darum wird ihr Schmuck enthaucht.

aus: Gedichte der Frau Elisa von der Recke,
gebornen Reichsgräfin von Medem /
hrsg. von C. A. Tiedge. Mit Compositionen von Himmel und Naumann, Halle 1806.

Der ständige Begleiter Elisa von der Reckes: Christoph August Tiedge

Gemeinsam mit dem Schriftsteller Christoph August Tiedge (1752–1841) verbrachte Elisa von der Recke so manchen Sommer in Löbichau. Auch er widmete dem Frühliung Gedichte:

Frühlingslied

Auf die Erde gießt der Himmel
Seinen wärmern Sonnenschein,
Und ein fröhliches Gewimmel
Junger Kräfte rauscht im Hain.
Hohe Siegeslieder singend,
Winkt die blühende Natur,
Ihren vollen Thyrsus schwingend,
Dich auf ihre grüne Flur.
In den klaren Aether tauchen
Sich die Lüft‘, und schwärmen dann
Durch die Wiese hin, und hauchen
Sanft das erste Veilchen an.
Dieses Kind der wärmern Lüfte,
Zart und freundlich, wie dein Scherz,
O, das Veilchen, Minna, düfte
Seine Stille dir ins Herz!
Um die frühe Philomele
Flattert reges Laubgewühl;
Sie erweck‘ in deiner Seele
Das melodische Gefühl,
Welches in der holden Güte
In der Graziengestalt
Deiner zarten Lebensblüte
Leis‘ und lieblich wiederhallt.

Aus: An Minna von B., 1788, in: Elegien und vermischte Gedichte von C. A. Tiedge, Erstes Bändchen, Halle in der Rengerschen Buchhandlung 1803.

Ab 1804 lebte Christoph August Tiedge mit Elisa von der Recke abwechselnd in Halle und Berlin oder reiste mit ihr durch Deutschland, die Schweiz und Italien.

Der Minister vom Nachbar-Rittergut: Hans Wilhelm von Thümmel

Zu den ständigen Löbichauer Gästen zählte der Geheime Rat und Minister Hans Wilhelm von Thümmel, dem das benachbarte Rittergut Nöbdenitz gehörte. Auch ihm widmeten wir bereits eine Podcast-Folge.

1000-jährige Eiche Nöbdenitz im März 2023 noch ohne Blätter
Die 1000-jährige Eiche Nöbdenitz im März 2023

Thümmel wählte die 1000-jährige Eiche von Nöbdenitz zu seiner außergewöhnlichen Grabstätte. Zu Lebzeiten soll er in der Eiche Aphorismen verfasst haben. Frühlingsgedichte aus seiner Feder sind uns nicht bekannt, aber einer seiner Aphorismen hat den Weg in die Ostereier-Schau gefunden:

Aphorismus Nr. 140

Wer für die melodische Stimme
des Waldes kein Ohr,
wer für die Reize der Natur
nur ein flüchtiges Auge,
wer bei Erblickung
des strotzenden Fruchtbaums
und bei den grünenden Saaten,
die Reiche und Arme sättigen,
keine dankbare Zunge,
wer für Millionen
duftender Blumen und Kräuter
ur stumpfe Nerven hat,
der besitzt zwar Thiergefühl,
aber keine Empfindung:
er mag im Sumpfe ekler Zerstreuung
sein Leben hinhauchen.

Aus: Hans Wilhelm von Thümmel: Aphorismen aus den Erfahrungen eines Sieben und Siebzigjährigen,
Altenburg 1821.

Der Sommergast der Herzogin: Jean Paul

Einen Sommer verbrachte der bekannte Dichter Jean Paul (1763–1825) auf besondere Einladung der Herzogin von Kurland in Löbichau, wo er die dort herrschende Sprechfreiheit lobte. Davon erzählt unsere Podcast-Folge 1, in der wir Jean Pauls Besuch aus Sicht der Herzogin erzählen. Demnächst (Mai 2023) behandelt Folge 11 des Podcasts noch einmal diesen Besuch aus Sicht des Dichters.

Frühling mit blühenden Narzissen im Schlosspark Tannenfeld, im Hintergrund das Schloss Tannenfeld
Frühling im Schlosspark Tannenfeld

Auch Jean Paul ist nicht für Frühlingsgedichte bekannt. Aber wir zitieren gern eine Stelle aus seinem “Titan”:

Wenn der Mensch vor dem Meere und auf Gebirgen, und vor Pyramiden und Ruinen, und vor dem Unglücke steht und sich erhebt, so strecket er die Arme nach der großen Freundschaft aus. – Und wenn ihn die Tonkunst und der Mond, und der Frühling und die Freudenthränen sanft bewegen, so zergeht sein Herz und er will die Liebe. – Und wer beide nie suchte, ist tausend Mal ärmer, als wer beide verlor.

Aus: Titan, Erstes Bändchen, in: Jean Pauls sämmtliche Werke, XXI, Fünfte Lieferung, Erster Band, Berlin 1827, S. 142.

Der Patient und Lehrling: Rudolf Ditzen

Nicht Gast im Salon der Herzogin von Kurland war der letzte Dichter, den die Sonderschau zitiert, denn er kam erst hundert Jahre später in unsere Gegend. Rudolf Ditzen (1893–1947), der später weltbekannte Schriftsteller Hans Fallada, verbrachte in seiner Jugend, längere Zeit in der Nervenheilanstalt in Tannenfeld. Diese war Jahrzehnte nach der Zeit des Löbichauer Salons im ehemaligen Schlosspark Tannenfeld entstanden. In der ländlichen, idyllischen Umgebung verfolgte der Arzt Dr. med. Arthur Tecklenburg dort ein modernes Klinikkonzept.

Schlosspark Tannenfeld mit blühenden Narzissen im Vordergrund, Schloss Tannenfeld im Hintergrund
Blühende Narzissen im Schlosspark Tannenfeld

In dieser Umgebung verbesserte sich Rudolf Ditzens Zustand sichtlich, auch wenn das hier zitierte Gedicht noch von seiner schweren Depression in Folge seines missglückten Doppelselbstmords zeugt:

Tannenfeld

Vielleicht ist Park hier nichts so sehr wie Leid,
Vielleicht ist Baum ein hingeschluchztes Wort,
Und jedes Blatt ist einer Schwermut Kleid,
Darinnen Lust wie Leid erstickt verdorrt.
Vielleicht führt jeder Weg zum Irrsinn hin,
Vielleicht ist Teich ein tief erweinter Schmerz,
Und jedes Haus steht stets im Dunkel drin,
Und nichts ist stumm, eh’s nicht zu Boden fällt
Nur Ding ist tot und dies vielleicht auch nicht,
Es wehrt sich auch und schreit sein tiefstes Leid,
So schreit auch Mensch in Schmerzen jederzeit,
Bis man ihm schließlich dunkle Kränze flicht.

Aus: Rudolf Ditzen (Hans Fallada)
aus seiner Krankenakte

Nach seiner Entlassung absolvierte der junge Mann auf dem Rittergut Posterstein eine landwirtschaftliche Ausbildung. Anlässlich seines Geburtstags zeigt das Museum Burg Posterstein von 14. Mai bis 12. November 2023 die Ausstellung „Hans Fallada – Familienbilder. Wie aber bestehe ich vor Dir, sehr liebe Verwandtschaft –?!“ der Hans-Fallada-Gesellschaft. Diese schöpft aus den umfangreichen Beständen des Hans-Fallada-Archivs und rückt Erinnerungen, Briefe und Fotos der Familie Ditzen in den Mittelpunkt. In Posterstein zu sehen sein wird eine Kabinett-Ausstellung in einem Raum, die bewusst einen Schwerpunkt auf Rudolf Ditzens Jahre in Tannenfeld und Posterstein legt. Zur Ausstellung wird es ein umfangreiches Begleitprogramm geben.

Von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein

#HeritageMW: Gemeinsam nicht einsam: Vom neuen Leben auf dem Burgberg Posterstein – Teil III

Geschichte & Geschichten Veröffentlicht am 25. Juni 2017 von Museum Burg Posterstein24. Juni 2017

Es ist schon fast eine Tradition geworden, dass das Museum Burg Posterstein zur #MuseumsWeek die Entwicklungen auf dem Burgberg zum Thema nimmt und einen Blick auf das Projekt „Gemeinsam nicht einsam- neues Leben auf dem Land“ wirft. Und es hat sich einiges getan!

Seit Sommer 2016 laufen die Arbeiten am historischen Herrenhaus des ehemaligen Rittergutes Posterstein. Das Zukunftsprojekt „Gemeinsam nicht einsam – neues Leben auf dem Lande“ wird vom Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gera mit Fördermitteln der integrierten ländlichen Entwicklung, hier Dorferneuerung/Dorfentwicklung, unterstützt. Der Fördermittelbescheid über 1,8 Millionen Euro wurde am 17. August offiziell überreicht. Gefördert wird das Projekt auch vom Freistaat Thüringen und dem Bund.

Seit diesem ersten großen Schritt wurde fleißig gebaut. Der gesamte Dachstuhl ist saniert, das Dach neu gedeckt, neue Fenster wurden eingesetzt und die neuen Wohnung nehmen Form an.

Offenes Herrenhaus Posterstein am Internationalen Museumstag 2017

Offenes Herrenhaus Posterstein am Internationalen Museumstag 2017

Projekt “Gemeinsam nicht einsam”: Wie der Stein ins Rollen kam

Seit 1993 stehen die verbliebenen Gebäude des Postersteiner Ritterguts, direkt neben der Burg Posterstein, leer. Am 14. Oktober 2015 gründete sich der Förderverein Burgberg Posterstein e.V. und kaufte die Gebäude mit dem Ziel zurück, diese zu sanieren und eine nachhaltige Nutzung für sie zu finden. Das Herrenhaus des ehemaligen Ritterguts Posterstein wurde im Zuge der Bodenreform 1945 enteignet. Erstmalig bot sich 2015 die Chance zum Rückkauf des Herrenhauses sowie der verbleibenden Rittergutsgebäude. Mit Geldern der Thüringer Staatskanzlei wurde eine Machbarkeitsstudie für die Realisierung des Konzepts „Gemeinsam nicht einsam“ in Auftrag gegeben. Parallel kam die Notsicherung des Gebäudes im Gange.

Das Rittergut Posterstein um 1900, Museum Burg Posterstein

Das Rittergut Posterstein um 1900, Museum Burg Posterstein

Die Gemeinde Posterstein möchte das historische Herrenhaus bis 2018 in mehreren Bauabschnitten sanieren und ausbauen. Es soll eine Nutzungsmischung aus Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Tourismus entstehen, darunter acht Wohnungen, zwei Ferienwohnungen, ein Treffpunkt für Vereine und vieles mehr.

Das Gut, auf dem Hans Fallada das Kartoffelzüchten lernte

Die Geschichte des Postersteiner Ritterguts ist eng verknüpft mit der der Burg Posterstein. Die letzten Rittergutsbesitzer (1833-1945) waren die Familie Herrmann. Ein berühmter „Eleve“ in dem landwirtschaftlichen Betrieb war von 1913 bis 1915 Rudolf Ditzen, der hier seine Ausbildung zum Landwirt – mit Spezialisierung auf die Kartoffelzüchtung – absolvierte. Viel bekannter ist der spätere Schriftsteller unter seinem Künstlernamen Hans Fallada.

Führung im historischen Herrenhaus zum internationalen Museumstag 2017.

Führung im historischen Herrenhaus zum internationalen Museumstag 2017.

Während der beiden Weltkriege wurde Posterstein nicht zerstört. Dennoch endete der Zweite Weltkrieg mit der bislang schwerwiegendsten Veränderung: Die Grundherrschaft Posterstein hörte auf zu bestehen. Mit der Durchsetzung der Bodenreform in Thüringen wurde am Anfang des Jahres 1946 das 192 Hektar große Rittergut enteignet, die Grundfläche aufgeteilt und Teile der Wirtschaftsgebäude abgerissen. Der letzte Rittergutsbesitzer Kurt Herrmann (1905-1986) siedelte nach der Ausweisung zwangsweise nach Westdeutschland um. In Burg und Herrenhaus quartierte man nach Kriegsende zunächst Flüchtlinge ein, die ihr Hab und Gut im Osten verloren hatten. Später wurde im Herrenhaus ein Kinderheim (1956-1992) und in der Burg ein Museum eingerichtet.

Ein Fundstück unter den Dielen

Bevor die Familie Herrmann das Rittergut Posterstein 1833 kaufte, gehörte es der Familie Flemming. Der kursächsische Generalfeldmarschall und Reichsgraf Jakob Heinrich von Flemming (1667–1728) hatte 1724 die Besitzungen Posterstein und Vollmershain für 124 000 Taler gekauft. Obwohl die Familie Flemming in Posterstein nur sehr wenig Zeit verbrachte, wurden doch erhebliche Investitionen getätigt. Den Familienbesitz führte sie bis 1833 weiter.

Während der Bauarbeiten unter den Dielen gefunden: Ein Dokument von 1730.

Während der Bauarbeiten unter den Dielen gefunden: Ein Dokument von 1730.

Aus dieser Zeit stammt auch ein außergewöhnliches Fundstück, dass die Arbeiten am Dachstuhl des Herrenhauses zu Tage förderten: Ein Schriftstück, das auf das Jahr 1730 datiert ist.

Das Dokument hat die Maße 20 x 32 cm, trägt das Siegel des Gerichtsinspektors Christian Schmidt und umfasst insgesamt vier Blätter. Dennoch scheint es ein Fragment zu sein. Auf der ersten Seite ist die Nummerierung „No: II.“ zu lesen. Ein möglicher erster Teil blieb allerdings bisher unentdeckt. Bei der gefunden Urkunde handelt es sich um die Abschrift eines Vergleichs von 1677 zwischen Georg Dietrich von Pflugk (1640–1705) auf Posterstein, und Marie Elisabeth von Schleinitz, geborene Bünau, auf Blankenhain.

Die Urkunde beinhaltet eine Vereinbarung der beiden Partein über das Schank- und das Wegerecht auf den Geleitsstraßen unter Pflugks Aufsicht und über ein entsprechendes Wegegeld. Die Abschrift ist vom Gerichtsinspektor Christian Schmidt beglaubigt, gesiegelt und auf „Blankenhayn, den 12.Jul. 1730“ datiert. Das Original vom „29. Jan: Anno 1677“ wurde laut Schmidt „Wort zu Wort“ übertragen.
Dieses außergewöhnliche Zeugnis der Postersteiner Geschichte blieb bis jetzt das einzige Fundstück seiner Art.

Die Umgestaltung des Burgbergs ist in vollem Gange

Die Besucher von Posterstein können den Fortschritt des Bauprojekts direkt vor der Burg deutlich sehen. 2017 steht der Innenausbau im Fokus. Das Zukunftsprojekt ist vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur ausgewählt als eines von vier „Modelprojekten der Regionalentwicklung – Daseinsvorsorge im demografischen Wandel“. Die Fördermittel stehen bereit und die Umsetzung beginnt. So rückt das Ziel des Vorhabens, den Burgberg wieder mit Leben zu erfüllen, eine Nutzungsmischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit/Tourismus zu etablieren und so Posterstein als Wohn-, Arbeits-, Sozial-, und Kulturraum zu erhalten und weiter zu entwickeln in immer greifbarerer Nähe.

Von Franziska Engemann / Museum Burg Posterstein

Wie eine Himmelsleiter mit Engeln besetzt: Kleine Reise in die Geschichte von Schloss Tannenfeld

Geschichte & Geschichten Veröffentlicht am 3. August 2015 von Museum Burg Posterstein21. Januar 2017

Weil sie als Frau selbst keine rechtsfähigen Geschäfte abschließen durfte, kaufte 1794 der Bruder der Herzogin Anna Dorothea von Kurland (1761–1821), Reichsgraf Christoph Johann Friedrich (Jeannot) von Medem (1763–1838), für sie die Gutsherrschaft Löbichau, zu der auch Tannenfeld gehörte. Ein Jahr später richtete die Herzogin in Löbichau ihren Wohnsitz ein und ließ in Tannenfeld den heute noch stehenden klassizistischen Schlossbau mit englischem Park errichten. Anlässlich der kommenden Sonderausstellung “Salongeschichten” wollen wir zu einer kleinen Reise in die Geschichte Tannenfelds einladen.

Schloss Tannenfeld im Sommer 2011

Schloss Tannenfeld im Sommer 2011 (Foto: Marlene Hofmann)

In dieser idyllischen Anlage wuchs ihre jüngste Tochter Dorothée auf. Als Pächter von Tannenfeld trat der polnische Graf Alexander von Batowski (1760–1841) auf, den die Herzogin Anna Dorothea von Kurland 1790–92 kennengelernt hatte, wo er Abgeordneter des polnischen Sejms war. 1793 kam ihre jüngste Tochter Dorothée zur Welt, die ihr Mann Peter von Biron, Herzog von Kurland (1724–1800), als eigenes Kind anerkannte. Dorothées Heiratsverhandlungen mit Zar Alexander I. und dem Haus Talleyrand führte später Batowski.

Dichter, Denker und Musen spazierten im Park von Tannenfeld

In dem kleinen Schloss spielte sich auch ein Großteil des gesellschaftlichen Lebens des Löbichauer Musenhofs ab. Emilie von Binzer, die als Pflegetochter Wilhelmine von Sagans oft nach Löbichau kam, fing in ihrem Buch „Drei Sommer in Löbichau“das Flair solcher Zusammenkünfte im malerischen Park von Tannenfeld ein: „Das Schlößchen Tannenfeld hatte eine Freitreppe, die oft wie eine Himmelsleiter von weiblichen und männlichen Engeln besetzt war. Dort wurde gelacht, gescherzt, gefühlvoll gesprochen, philosophirt und gefrühstückt.“

Schloss Tannenfeld (Ansichtskarte, Museum Burg Posterstein)

Schloss Tannenfeld (Ansichtskarte, Museum Burg Posterstein)

Auch Johann Wolfgang von Goethe berichtet über einen Besuch in Tannenfeld. Der im 19. Jahrhundert berühmte Dichter Jean Paul (1763–1825) hielt hier Lesungen im Freien. Anna Dorothea von Kurland empfing in ihrem Musenhof in Löbichau einen illustren Kreis von Gästen aus Politik, Literatur, Kunst, Musik und Wissenschaft. Die bedeutendsten Politiker ihrer Zeit traf sie persönlich und erlangte dadurch einen ganz speziellen Anteil an der Gestaltung europäischer Geschichte.

Der Tannenfelder Park, den die Herzogin von Kurland und Graf Batowski im englischen Stil gestalteten, ist in seinen Grundzügen noch heute erhalten. Zu Zeiten der Herzogin gab es einen Bachlauf, sandige Wege, einen kleinen Teich mit Grotte und eine Wiese, die zum Gedenken an den 1800 verstorbenen Herzog von Kurland “Peterswiese” hieß.

Die Gäste des Musenhofs in Tiergestalt

Das Buch "Salongeschichten" erscheint zur Ausstellung

Das Buch “Salongeschichten” erscheint zur Ausstellung

Die Besucher verbrachten manchmal Wochen am Musenhof Löbichau. Adlige und Bürgerliche aus dem Umland kamen zu Besuch. Man dichtete und musizierte und die Herzogin legte Wert darauf, als Mäzenin aufstrebende Künstler zu fördern. In der neuen Sonderausstellung “Salongeschichten” und dem zugehörigen Buch zeigt das Museum Burg Posterstein ab 16. August 2015 erstmalig eine einmalige Sammlung von Portraits der Löbichauer Gäste in Gestalt von wunderlichen, manchmal witzigen Fabelwesen. Gezeichnet hat die Blätter der Maler Ernst Welker (1784/88–1857), der der späteren Schriftstellerin Emilie von Binzer (1801–1891), der Enkelin der Herzogin von Kurland, Zeichenunterricht gab.

Nach dem Tod der Herzogin erbte ihre dritte Tochter Johanna von Acerenza-Pignatelli (1783–1876) Löbichau und Tannenfeld. Die Zeit des Musenhofs war vorbei.

Der Tannenfelder Park ist  wegen seiner exotischen Vegetation und den vielen Rhododendren ein beliebtes Ausflugsziel. (Foto: Marlene Hofmann)

Der Tannenfelder Park ist wegen seiner exotischen Vegetation und den vielen Rhododendren ein beliebtes Ausflugsziel. (Foto: Marlene Hofmann)

Schloss Tannenfeld blieb nach dem Tod der Herzogin weithin ungenutzt und geriet in Vergessenheit bis es 1899 der Nervenarzt Dr. Arthur Tecklenburg (1870–1957) aus Gera kaufte. Er ließ Tannenfeld mit Rücksicht auf die historische Architektur zu einem modernen Sanatorium für Gemüts- und Nervenkranke umbauen. Der Arzt soll auch derjenige gewesen sein, der 1908 die ersten Rhododendren gepflanzt haben. Um weitere Sorten ergänzt wurden diese 1983 durch den “Zentralen Arbeitskreis Rhododendron”.

Der Schriftsteller Hans Fallada in Tannenfeld

Der wohl berühmteste Patient war Rudolf Ditzen (1893–1947), als Schriftsteller bekannt unter dem Pseudonym Hans Fallada (Mehr dazu).

Von 1949 bis 1989 beherbergten die Gebäude in Tannenfeld ein eigenständiges Krankenhaus und später ein Alten- und Pflegeheim. Seit 2004 stehen Schloss und Nebengebäude mit kurzen Unterbrechungen leer und zum Verkauf. Jetzt soll mit Rücksicht auf die historische Anlage ein Pflegezentrum für Demenzkranke entstehen.

Zum Weiterlesen:
Jana Borath fängt am 3. August in der Ostthüringer Zeitung die Stimmung im Tannenfelder Park ein.
“Da steht mein armes Ich aus Stein” – Blogpost zur Sonderausstellung
Blogpost: Jean Pauls Sommer in Löbichau
Blogpost: Rittergut Löbichau – Zeitweise 300 Gäste gleichzeitig

Von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein

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Das thüringische Museums Burg Posterstein bloggt seit 2011 über Geschichte und Geschichten aus Sammlung, Forschung und Museumsalltag.

IN ENGLISH: Since 2011 the German Museum Burg Posterstein writes stories about its collection, research and everyday life at the museum – here you find all texts in English.

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