Die Sonderschau „Der Mann unter der 1000-jährigen Eiche – Über den Umgang mit faszinierenden Baumdenkmalen“ im Museum Burg Posterstein ging am 25. August 2024 zu Ende. Seit Eröffnung am 28. Januar sahen genau (!) 17.777 Gäste die Ausstellung, die sich Hans Wilhelm von Thümmels Grab in der 1000-jährigen Eiche sowie weiteren uralten Eichen widmete.
Über unseren Umgang mit alten Bäumen
Egal, ob sie nun 1000 Jahre alt ist oder noch nicht ganz, die Nöbdenitzer Eiche, mit dem Grab eines Ministers zwischen ihren Wurzeln, ist einzigartig. Die Sonderschau stellte nicht nur den Sachsen-Gotha-Altenburgischen Minister Hans Wilhelm von Thümmel und sein Grab unter der 1000-jährigen Eiche in Nöbdenitz vor – in Film und in Textform. Darüber hinaus ging es um die Frage: Was braucht es, damit Bäume heute noch so alt werden können?
Eine Bildergalerie erzählte die Geschichten von 39 beeindruckenden Eichen aus Deutschland und aus Frankreich, England, Dänemark, Schweden, Polen und Tschechien. Dafür stellten uns über 40 engagierte Baum-Liebhaber Fotos und Informationen zur Verfügung, darunter Forstwissenschaftler, Künstler, Vereine, Museumskollegen, Touristiker und Fotografen.
Auf Grund der Internationalität der Eichen und der Kooperationspartner waren die Ausstellungstexte zweisprachig, auf Deutsch und Englisch.
Die Sonderschau nahm ihren Ausgangspunkt zwar im nahe Posterstein gelegenen Ort Nöbdenitz, stellte dann aber mächtige und alte Eichen aus ganz Europa vor. Ganz unterschiedlich gehen Menschen mit diesen Bäumen um, aber fast überall begegnet man ihnen mit Ehrfurcht und Faszination.
Darüber hinaus ging es um die Eiche als Naturdenkmal und als Lebensraum: Welche Bedingungen braucht sie, um so alt zu werden wie die Nöbdenitzer Eiche? Welche Eichen im Landkreis Altenburger Land haben das Potenzial dazu, so alt zu werden, wenn wir ihnen den Raum dafür lassen? Dabei unterstützte uns die Untere Naturschutzbehörde. Forstassessor Thomas Neidhardt vermaß die Bäume ehrenamtlich, Frank Leo fotografierte sie im Auftrag des Landkreises.
Um faszinierende europäische Eichen zu finden, bezogen wir unsere Netzwerke, sowohl digitale als auch analoge, ein. Darüber hinaus knüpften wir neue Kontakte. Die finale Auswahl war auch Resultat der Bereitschaft, unsere Ausstellung aktiv zu unterstützen. Manche der vorgestellten Eichen sind Kultur- und Naturdenkmal in einem. Genauso ist es bei der Nöbdenitzer Eiche, aber auch bei der zu einer Kapelle umgebauten Eiche im französischen Ort Allouville, der Körnereiche im tschechischen Karlsbad oder der Chrobry-Eiche im polnischen Piotrowice, deren Eicheln der Papst segnete. Die Eichengeschichten sind vielfältig.
Ein außergewöhnliches Grab: Die 1000-jährigen Eiche von Nöbdenitz
Die 1000-jährige Eiche von Nöbdenitz ist nicht nur ein beeindruckendes Naturdenkmal, sondern der einzige bekannte Baum Deutschlands, in dem sich eine Grabstätte befindet. Seit 1824 birgt sie die letzte Ruhestätte des Sachsen-Gotha-Altenburgischen Ministers Hans Wilhelm von Thümmel. Seit mehr als hundert Jahren heißt sie im Volksmund „Die Tausendjährige“. Die Schätzungen über das Alter des Baumes gehen weit auseinander und reichen von 600 bis 1200 Jahren.
Die Nöbdenitzer Eiche ist eine Stieleiche (Quercus robur) und steht in unmittelbarer Nachbarschaft zu Pfarrhof und Kirche, direkt an der Dorfstraße. Sie ist zwölf bis vierzehn Meter hoch und besitzt, direkt auf Bodenhöhe bemessen, einen Umfang von über zwölf Metern. Damit zählt sie zu den mächtigsten Eichen Deutschlands.
Wegen des Befalls durch einen Pilz ist der Stamm vollkommen hohl. Schon bei einem Gewittersturm 1819 verlor sie ihre Hauptkrone. Seither bilden zwei untere Äste eine Nebenkrone. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Baum einen Adventivstamm, einen Jungstamm, gebildet. Noch immer treibt sie jedes Jahr neues Laub und bringt viele Eicheln hervor.
Schon Jahre vor seinem Tod kaufte Hans Wilhelm von Thümmel die uralte Eiche der Nöbdenitzer Kirchgemeinde ab, schon damals als seine zukünftige Grabstätte. 1824 dann wurde er tatsächlich mit behördlicher Genehmigung in einer gemauerten Gruft in den Wurzeln des Baumes beigesetzt.
Zu Lebzeiten ließ Thümmel bereits erste Eisenringe anbringen, um den Baum möglichst lange Zeit zu bewahren. Seither sind weitere Stützsysteme hinzugekommen.
Thümmel: Ein bedeutender Mann für das Altenburger Land
Der Minister Hans Wilhelm von Thümmel lebte von 1744 bis 1824. Er zählt zu den bedeutenden historischen Persönlichkeiten der Altenburger Region. Am Hof der Herzöge von Sachsen-Gotha-Altenburg arbeitete er sich vom Pagen zum Minister hoch.
Als Gesandter vertrat er das Herzogtum unter anderem in Berlin und Paris. In der bewegten Zeit zwischen französischer Revolution, Aufstieg und Fall Napoleons und Neuordnung Europas sorgte Thümmel für die Kartierung des Altenburger Landesteils, den Bau von Straßen, Armenhäusern und einem Krankenhaus und die Gründung der Kammer-Leihbank, der späteren Landesbank. Gleichzeitig interessierte er sich für Architektur, förderte Künstler und Handwerker und ließ weitläufige Landschaftsgärten anlegen, die er auch der Öffentlichkeit zugänglich machte. Als Altersruhesitz wählte sich Thümmel sein Rittergut Nöbdenitz, war regelmäßig Gast der Herzogin von Kurland in ihrem Salon in Löbichau und kaufte die 1000-jährige Eiche als seine zukünftige Grabstätte.
Die Sonderschau stellte den vielseitigen Mann und seine einzigartige Grabstätte vor. Ergänzend war eine Galerie weiterer beeindruckender Eichen aus ganz Europa zu sehen. Es wurde deutlich: Die Bäume sind oft nicht nur Naturdenkmal, sondern auch Kulturdenkmal und wir Menschen gehen auf sehr unterschiedliche Arten mit diesen Methusalem-Bäumen um.
Die umfangreichste Biografie Thümmels
Zur Sonderschau neu aufgelegt hat das Museum Burg Posterstein das Buch „Im Dienste der Ernestiner – Hans Wilhelm von Thümmels Aufstieg vom Pagen zum Minister“. Es ist die bisher ausführlichste Biografie Hans Wilhelm von Thümmels. Reich bebildert und gut verständlich formuliert, beschreibt das Buch die vielseitige Persönlichkeit.
Die einzelnen Kapitel verfassten neun verschiedene Autorinnen und Autoren. Neben dem Team des Museums Burg Posterstein waren das: Doris Schilling, Leiterin des Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg; Gustav Wolf, Vorsitzender der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg; Bauhistoriker Udo Hopf aus Gotha; Landschaftsarchitektin Christiane Nienhold sowie Dr. Matthias Schütze, der sich eingehend mit dem Alter der 1000-jährigen Eiche Nöbdenitz befasst.
Das Buch ist, so lange der Vorrat reicht, zum Preis von 25 Euro im Museum Burg Posterstein erhältlich und kann auch gern per E-Mail bestellt werden. Mit dem Kauf unterstützen Sie die Forschungsarbeit des Museums. Hier gibt es weitere Informationen zum Buch.
Das Begleitprogramm zur Ausstellung
Ausstellungseröffnung mit Vortrag und Musik
Zur Ausstellungseröffnung am 28. Januar 2024 in der gut gefüllten Neuen Scheune Posterstein gab es Grußworte von Landrat Uwe Melzer. Kuratorin Marlene Hofmann stellte ausgewählte Eichen vor, Franziska Huberty las aus dem Buch „Im Dienste der Ernestiner“ und die Musikerin Anna Herrmann umrahmte die Eröffnung musikalisch.
Podiumsgespräch „Dürfen Bäume noch alt werden?“
Beim Podiumsgespräch „Dürfen Bäume noch alt werden?“, das am 25. Februar, 15 Uhr, ebenfalls in der Neuen Scheune Posterstein stattfand, sprachen Experten aus der Forstwirtschaft, die Fachdienstleiterin für Natur und Umwelt sowie Baumfreunde über die Bedingungen, die Bäume brauchen, um alt werden zu können. Dabei stellt sich die Frage: Haben Bäume heute noch die Chance dazu?
Die interessanten Redebeiträge haben wir hier im Blog ausführlich dokumentiert.
Winterferien-Rätsel „Unterwegs im dunklen Wald“
Auch das Winterferien-Rätsel des Museums griff von 3. bis 25. Februar 2025 passend zur Sonderschau das Thema Wald auf. Unter dem Titel „Unterwegs im dunklen Wald – Was machte ein Jäger im Mittelalter?“ folgten Ferienkinder den Spuren eines mittelalterlichen Jägers. Dabei erfuhren sie, ob die Wälder damals wirklich so finster wie im Märchen waren und wer oder was dort alles lebte.
Lesung aus dem Buch „Im Dienste der Ernestiner“
Unter dem Titel „In heitrer ländlicher Umgebung“ lasen Franziska Huberty und Marlene Hofmann aus dem Museum Burg Posterstein am 19. Februar, 18.30 Uhr, Stadtbibliothek Schmölln aus dem Buch „Im Dienste der Ernestiner Hans Wilhelm von Thümmels Aufstieg vom Pagen zum Minister“. Organisator der Veranstaltung war der Bibliotheksförderverein Schmölln.
Vortrag über Thümmels Spuren im Altenburgischen
Einen Vortrag „Auf Thümmels Spuren im Altenburgischen“ hielten Franziska Huberty und Marlene Hofmann am 28. Februar 2024 im Bachsaal des Residenzschlosses Altenburg. Gastgeberin war die Geschichts- und Altertumsforschende Gesellschaft zu Osterland e.V.
Lesung und Gespräch „Können Bäume noch alt werden?“
Die Frage „Können Bäume noch alt werden?“ stellte sich zur Lesung mit Gespräch am 17. März, 15 Uhr, in der Neuen Scheune Posterstein. Gekommen waren rund siebzig interessierte Gäste. Sehr kurzweilig stellte der Autor Frank Quilitzsch sein Buch „Wilhelm, wie sieht der Wald wieder aus!“ vor und kam im Anschluss mit Hans-Peter Schenk, Revierleiter des Forstreviers Schmölln, ins Gespräch.
Für sein Buch streifte der Erfurter Autor und Journalist Frank Quilitzsch ein Jahr lang mit Thüringer Förstern und Baumforschern durch die Reviere. Er ging mit auf die Jagd und verbrachte Tage und Nächte im Nationalpark Hainich. Dabei traf er auf unterschiedlichste Menschen, denen Bäume am Herzen liegen. Klimaexperten, Ranger, die Umweltministerin – was fordern sie im Umgang mit der Natur? Und wie geht es den Eichen in unseren Wäldern? Das Buch erschien im Thüringer Verlag Tasten & Typen.
Im Gespräch mit Frank Quilitzsch erzählte Revierförster Hans-Peter Schenk, dass sein Schmöllner Forstrevier zu denen mit den wenigstens Waldflächen in Thüringen zählt. Das liege an dem guten Ackerland in der hiesigen Region. Der Nöbdenitzer Forst sei der größte zusammenhängende Wald seines Reviers. Der Revierförster betonte, dass sich die Situation der Wälder seit 2021, als Frank Quilitzschs Buch erschien, bereits erheblich verschlechtert habe. Wegen des Borkenkäfers seien die Wälder vielerorts kahl. Der Klimawandel sei spürbar: Es ist zu heiß, zu trocken, zu stürmisch. Das Gesamtgefüge sei aus dem Gleichgewicht geraten. Der Förster empfiehlt, von der Monokultur wegzukommen und die Wälder öfter sich selbst zu überlassen. Trotz der Herausforderungen könne er sich aber keinen schöneren Job vorstellen, auch wenn sich das Aufgabenspektrum des Försters in den letzten Jahrzehnten geändert habe. Er stehe jetzt auch immer häufiger in der Öffentlichkeit und sei auch Moderator, Vermittler und Konfliktmanager. Und wie ergehe es nun den Eichen, denen sich die Ausstellung widmete? – Die zählten tatsächlich zu den klimastabilsten Baumarten, bescheinigt Revierförster Hans-Peter Schenk.
Was bleibt: Die digitale Ausstellung „Faszinierende Baumdenkmale“
Die Sonderschau begleitete die ebenfalls zweisprachige digitale Ausstellung “Faszinierende Baumdenkmale”.
Während der Ausstellungszeit erreichten uns E-Mails mit Fotos und Texten zu weiteren beeindruckenden Eichen, die Besucherinnen und Besucher in ihrer Umgebung entdeckt haben. Diese wurden in der digitalen Ausstellung ergänzt.
Zudem fand ein Kunst-Projekt des Abiturjahrgangs des Roman-Herzog-Gymnasiums Schmölln in der digitalen Ausstellung einen würdigen Platz, um ihre kreativen Entwürfe zu Baumhäusern der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Auf diese Weise brauchten sich unsere Besucherinnen und Besucher auch in diese Ausstellung wieder partizipativ ein.
Die digitale Ausstellung ist auf der Website des Museums angesiedelt und erfreut sich seither reger Zugriffzahlen. Hier geht es zur digitalen Ausstellung.
2024 ist Thümmel-Jahr im Altenburger Land
Die Ausstellung über die Grabeiche des Ministers Hans Wilhelm von Thümmel war Teil des Thümmel-Jahres im Altenburger Land, an dem sich verschiedene lokale Akteure beteiligen. Zum 280. Geburtstag und 200. Todestag im Jahr 2024 widmet sich das Altenburger Land dem Leben und Wirken des verdienstvollen Politikers Hans Wilhelm von Thümmel auf vielfältige Weise. Das Thümmel-Jahr steht unter Schirmherrschaft des Landrates Uwe Melzer.
Das Logo des Thümmel-Jahres gestaltete der Künstler Michael Fischer-Art.
Von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein