Ein wichtiges strategisches Zentrum: Altenburg während der Völkerschlacht
Die Pläne von Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg, dem Oberbefehlshaber der 1813 gegen Napoleon alliierten Armeen, zielten darauf ab, die Stadt Altenburg als strategisch wichtigen Ort einzunehmen und von hier aus die weiteren militärischen Aktionen gegen Napoleon zu organisieren.
Der sächsische, russische und preußische General Johann Adolf Freiherr von Thielemann (1765-1824) schrieb am 3. Oktober 1813 Folgendes an Schwarzenberg:
“Eure Durchlaucht erlauben mir geringstes die Bemerkung, daß für die Subsisteme der vorrückenden Armee der Besitz von Altenburg und Zeitz uns unentbehrlich ist. Beide Städte haben Schlösser, die auf Bergen liegend, als Citadellen anzusehen sind und mit 1000 Mann Infanterie gegen eine große Uebermacht gar leicht vertheidigt werden können.”
Zar Alexander I. traf am Abend ein
Tatsächlich erwies sich Altenburg als geeigneter Ort, der nicht nur in der Lage war zehntausende Soldaten über einen längeren Zeitraum zu versorgen, sondern auch Platz bot für die Oberbefehlshaber, Diplomaten, Generäle und ihr Gefolge. Am 7. Oktober 1813 besetzten die alliierten Truppen Altenburg. Das Hauptquartier verlegten sie am 11. Oktober aus Penig dorthin. Am gleichen Tag traf auch Zar Alexander ein, der im Altenburger Schloss residierte. Ihm folgten der österreichische Außenminister Metternich, der englische Gesandte Cathcart, der russische Diplomat Nesselrode sowie weitere Politiker und hohe Militärs.
Am 14. Oktober erhielt der österreichische Kaiser Franz von Schwarzenberg die Nachricht, dass ein Aufenthalt in Altenburg sicher sei. Der preußische König und der österreichische Kaiser erreichten Altenburg am 15. Oktober und logierten ebenfalls im Schloss.
Eine 10.000 Einwohner-Stadt versorgt in einem Jahr über 500.000 Militärs
In der Stadt Altenburg, die damals knapp 10.000 Einwohner hatte, sollen im Jahr 1813 insgesamt 671 Generäle, 46.617 Offiziere und 472.399 Soldaten einquartiert gewesen sein. Allein im September und Oktober 1813 soll die Stadt für die Truppen die unglaubliche Summe von 147.681 Talern ausgegeben haben.
Der Altenburger Regierungs- und Finanzrat Friedrich Wagner (1792-1859) beschrieb in seiner “Chronik der Herzoglichen Residenz- und Hauptstadt Altenburg” (zu lesen auch auf Google Books) ausführlich die Lasten des Krieges, die auf den Altenburger Bürgern lasteten. Ein Auszug:
„Auf Befehl der verbündeten Mächte wurde jetzt das große Magazin von Korn, Hafer, Kartoffeln u. s. w., wozu bereits am 8. October Forderungen gemacht worden waren, wirklich angelegt, doch wurde die Lieferung der Pflege Zeitz größtentheils nach Borna gewiesen. Von Gera trafen schon ansehnliche Lieferungen zu diesem Magazine ein. Das Logenhaus, die Garnisonkirche, das Jagdzeughaus, das Vorwerk am Schlage, die Rathswage, der Pavillon im Schloßgarten, und mehrere Scheunen wurden von diesem Magazine angefüllt, Stroh und Heu aber in ungeheuern Feumeln auf dem Gottesacker aufgethürmt. (…)”
In allen Häusern mussten 2, 3 und mehr Verwundete aufgenommen werden
Auch Gefangene und Verwundete mussten aufgenommen und versorgt werden. Den Kanonendonner aus Leipzig konnte man bis nach Altenburg hören. Am 18. Oktober notierte Wagner: „Bei frühem Morgen begann der Donner des Geschützes von neuem, heftiger noch, als am 16., und wahrte den ganzen Tag hindurch fort. Vom Lande trafen die traurigsten Berichte über die großen Verwüstungen und die vernichteten Vorräthe ein. Schon war hier an Hafer und Heu gar nichts mehr aufzubringen, so daß an diesem Tage die Aemter Ronneburg, Eisenberg und Roda Befehl erhielten, 600 Centner Heu und 1200 Dresdner Scheffel Hafer hierher zu liefern. In der Stadt mehrten sich die Verwundeten mit jedem Augenblicke so, daß außer den Lazarethen fast in allen Häusern 2, 3 und mehr Verwundete aufgenommen werden mußten.
“Der Himmel helfe die Erndte ein bringen”
Auch auf den umliegenden Dörfern, Höfen und Rittergütern war die Last des Krieges zu spüren.
Die Herzogin von Kurland, Besitzerin des Ritterguts Löbichau, schrieb bereits am 22. Juli und am 6. August 1813 an die Gräfin Kielmannsegge:
„Seit dem 25. März ist dies Land ohne Einquartierungen bis jetziger, keinen Tag gewesen. Wir haben hier alle Farben alle Religions Verwandte gehabt. Und bis zum 2ten may die alliierten, die bey ihrem Abzuge alles mitnahmen an Pferde, Vieh, u. lehrten die Speycher bis aufs letzte Korn. – das Jahr 1813 muß sich in seiner üblen Deutung bewährt machen – wären wir nur schon am Ende desselben (…)
Die Menge der Truppen zu Pferde, zu Fusse u. Artellerie Trains ziehen alle durch das Altenburger Land, wie auch eine Menge Wagen mit Pulver Mehl u. Reiß – sodaß seit Monate 12 hundert gespannte Pferde aus diesem Fürstenthume fest auf der Landstraße sind. Auch wird eine forcirte Recrutierung gemacht u. sehr schnell hat Altenburg seine Leuthe stellen müssen. Auch gehen unsere Bawern bis nach Erfurth um dort an den Schanzen zu arbeiten. Diese in Bewegung gesetzte Tätigkeit deutet wohl auf Krieg. Der Himmel helfe die Erndte ein bringen es fehlt freylich unter den jetzigen Umständen, an Arbeiter, und an Pferde um die Feldarbeiten zu bestreiten. Kriegssteuer u. Abgaben aller Arth sind unvermeydliche Uebel.“
Noch jahrelang musste die Altenburger Bevölkerung mit einer Einkommensteuer für die Kriegsschulden des Herzogtums aufkommen.
Sonderausstellung “Napoleon – Im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen”
Das Museum Burg Posterstein zeigt von 1. September bis 17. November 2013 die Sonderausstellung “Napoleon – Im Zerrspiegel zeitgenössischer Karikaturen – 200 Jahre Völkerschlacht bei Leipzig”. Am 13. Oktober erscheint das Buch zur Ausstellung, in dem unter anderem ein Kapitel über die Truppendurchzüge durch Altenburg im Völkerschlachtsjahr 1813 erhalten sein wird.
(von Marlene Hofmann / Museum Burg Posterstein)
Zum Weiterlesen:
Brockhaus und Altenburg während der Völkerschlacht bei Leipzig