Abbilder des Tanzes, der Leidenschaft, der Liebe, der Gewalt und des Todes: Peter Schnürpels „Radierwerkstatt“
Kräftige Farben, starke Kontraste, Dunkelheit und Schlaglichter gepaart mit fordernden, wilden, aber zielgerichteten Linien. Dynamik. Menschen. – Franziska Engemann, Mitarbeiterin im Museum Burg Posterstein, begleitete den Künstler Peter Schnürpel beim Aufbau seiner aktuellen Sonderausstellung in Posterstein. In diesem Blogpost gibt sie Einblicke in sein Leben und Schaffen.
Die Werke des Künstlers Peter Schnürpel lösen beim Betrachter die unterschiedlichsten Empfindungen und Assoziationen aus. Sie sprechen. Sie polarisieren. Doch eines ist sicher, sie sind bewegt. Und sie bewegen. Sie zeigen den Menschen, seinen Aufstieg, seinen Fall, seine Freude, seinen Schmerz. Sie spielen mit dem Expressiven und der Abstraktion, sind dabei nicht beschönigend, nicht abstoßend, aber immer ehrlich.
Ein Mensch steht im Vordergrund
Der Mensch steht im Vordergrund. Und hinter den Bildern steht der Künstler Schnürpel, der – bei aller Bewunderung für die großen Meister wie Goya und allen voran Picasso – stets seinem eigenen Stil treu geblieben ist.
Ich habe Peter Schnürpel als freundlichen und zuvorkommenden Menschen kennengelernt. Er ist ein Mann mit vielen künstlerischen Erfahrungen, vielen kleinen Geschichten aus seinem scheinbar sehr bewegten Leben und einer Renitenz gegenüber dem Wort „lecker“. Seine Werke sind faszinierend und verstörend zugleich und ein Liebhaber der anatomischen Exaktheit der Kunst ist in einer Ausstellung des Altenburger Künstlers wahrlich fehl am Platz. Dennoch beeindrucken die leidenden und leidenschaftlichen Figuren. Es stellt sich die Frage: Wer ist er, …
… der Mann hinter der Kunst?
Schnürpel wurde 1941 in Leipzig geboren, erwarb dort das Abitur und schloss 1965 das Studium an der Hochschule für Graphik und Buchkunst mit seinem Diplom ab. Zu seinen Lehrmeistern zählen Karl Krug, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig. Schnürpel begann nach seinem Hochschulabschluss eine Lehrtätigkeit für künstlerische Praxis im Fachbereich Kunsterziehung an der Universität Leipzig und siedelte 1973, nach der Hochzeit mit Monika Wilk und der Geburt der gemeinsamen Tochter Katja, in das Thüringische Altenburg um, wo er eine Dozentenstelle am Studio Bildende Kunst des Lindenau-Museums annahm.
1978 folgte er dem Ruf nach Schneeberg und übernahm eine Lehrtätigkeit als Leiter des
Grundlagenstudiums an der dortigen Fachhochschule für Angewandte Kunst. 1990 wurde er schließlich zum Direktor selbiger Fachhochschule gewählt. Zwei Jahre später folgte die Berufung zum Professor und Peter Schnürpel übernahm das Amt des Gründungsdekans des Fachbereiches Angewandte Kunst Schneeberg der Hochschule für Technik und Wirtschaft Zwickau. 2006 wird er emeritiert und 2008 zum Vorsitzenden des Förderkreises „Freunde des Lindenau- Museums“ e.V. gewählt.
Peter Schnürpel erhielt für seine Werke viele Auszeichnungen. So war er unter anderem Preisträger der Ausstellung „100 ausgewählte Grafiken“ (1980 und 1982), erhielt den Kunstpreis des Deutschen Turn- und Sportbundes (1983) und wurde 2002 mit dem Kulturpreis der Stadt Altenburg geehrt. Seine Werke befinden sich in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen, unter anderem im Museum der bildenden Künste Leipzig, im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg sowie in den Kupferstichkabinetten Dresden und Berlin.
Die Ausstellung im Museum Burg Posterstein
Nach eigener Aussage versteht sich Prof. Schnürpel primär als Zeichner, ist aber gleichwohl in den verschiedensten Techniken der Kunst zu Hause. Ob Graphik, Radierung, Lithographie oder Siebdruck, seinem Stil bleibt Schnürpel unbeirrt treu. Auch der Umgang mit der Farbe, in den Anfängen seiner Werke hochpräsent, später im Schatten der Grafik stehend, zeigt sich in den jüngeren Werken in völlig neuer Kreation, der Übermalung.
Für die Ausstellung im Museum Burg Posterstein entschied sich Schnürpel, sein umfangreiches Werk der Druckgrafiken aufleben zu lassen. Doch mag seine künstlerische Weise auch noch so expressiv erscheinen, reizte ihn am Druck nicht allein die Radierung, welche durchaus als herausragende Technik der Expressionisten angesehen werden kann. Schnürpel zeichnet vor allem die Vielfalt und das Zusammenspiel der verschiedenen Arten aus, die Druckerplatte zu bearbeiten. Vernis-mou, Aquatinta, Pinselätzung, Kaltnadelradierung, Chine collée oder Reservage, sie alle harmonieren in den ausdrucksstarken Werken des Altenburger Künstlers.
Läufer, Sieger und Black Dancers
Die Ausstellung erscheint wie eine Zeitreise und zeigt sowohl frühe Werke, wie „Sieger“ und „Für Rodin II“ aus dem Jahr 1978, als Schnürpel – wie er selbst meinte – den Druck neu für sich wiederentdeckte, als auch seine jüngsten Arbeiten aus der Reihe der „Burleske“ von 2014. Die berühmten „Läufer“, den sportlich-dynamischen Athleten nachempfunden, die „Träger“, Stürzende, Fallende sowie die Abbilder des Tanzes, der Leidenschaft, der Liebe, der Gewalt und des Todes, die „Black-Dancers“, sind zu betrachten.
Ebenso beeindruckend erscheinen die Übermalungen, die Peter Schnürpel seinen eigenen Drucken zugefügt hat. So zum Beispiel in den verschiedenen „Watteau-Variationen“, die zum Teil sogar einen Einblick in die verschiedenen Stadien der Bildgestaltung erlauben. Einzelne Schritte der Arbeit können parallel zum zusammengefügten Gesamtwerk bewundert und nachvollzogen werden.
Hinzu kommt eine weitere Besonderheit. Die Sonderausstellung ist nicht wie üblich auf die Räume der Galerie beschränkt. Einige der Werke haben einen gesonderten Platz in den Räumen der ständigen Ausstellung des Museums gefunden. Ihnen zur Seite stellte der Künstler kleine Beschreibungen der verschiedenen Drucktechniken. Somit kann der Besucher am expliziten Beispiel die Merkmale der verschiedenen Verfahren nachvollziehen.
Die Radierwerkstatt Rössler
Auch der Name der Ausstellung ist nicht beliebig gewählt. Seit 1989 unterhält Peter Schnürpel eine sehr fruchtbare Arbeitsbeziehung mit dem Druckerehepaar Jeanette und Reinhard Rössler. Diese betreiben eine Druckerwerkstatt im sächsischen Hohenossig, die der Künstler regelmäßig aufsucht. In dieser „Kunstgeburtsklinik“ herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre der Zusammenarbeit und gemeinsamer Rituale, die sich in den letzten 20 Jahren entwickelt haben. Hier arbeiten Künstler und Drucker Hand in Hand, die Dynamik des Menschen auf Platte bzw. auf Papier zu bannen und ihr angemessenen Ausdruck zu verleihen.
Geburtsklinik der Kunst
Aus Anlass dieser gemeinsamen künstlerischen Tätigkeit veranstaltete das Museum Burg Posterstein am 1. Juni 2014 im Zuge der Sonderausstellung „Peter Schnürpel – Radierwerkstatt“ ein Werkstattgespräch zwischen dem Altenburger Künstler und seinem Drucker. Die gut gefüllte Zusammenkunft war – wie die gemeinsame Arbeit zwischen Schnürpel und Rössler – kreativ, heiter und von beeindruckenden Einblicken in das künstlerische Schaffen geprägt.
Die Ergebnisse dieses Zusammenwirkens können noch bis 27. Juli 2014 im Museum Burg Posterstein bewundert werden. Begleitend zur Ausstellung ist ein Booklet entstanden, welches für zwei Euro an der Museumskasse erworben werden kann. Zudem besteht die Möglichkeit, Werke des Künstlers zu erstehen, die dem Käufer nach Ende der Ausstellung übergeben werden.
Zum Weiterlesen:
Gleisberg, Dr. Dieter (Hrsg.): Läufer Träger Dancers. Peter Schnürpel zum 20. Februar 2011, Göpfersdorfer Kunstblätter 4, Altenburg 2011.
Von Franziska Engemann / Museum Burg Posterstein