Erst zwei Woche ist es her, dass in Posterstein die Ausstellung über den Gotha-Altenburgischen Minister Hans Wilhelm von Thümmel (1744-1824) eröffnet wurde. Der erfolgreiche „Diener“ der Mächtigen spielte schließlich im 18. und 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der „Prägung Europas“, das die Thüringer Landesausstellung in den Mittelpunkt stellt. Einen Rückblick auf die Eröffnung in Posterstein gibt es hier im Video.
Die Postersteiner Schau soll also eine Vertiefung dessen sein, was der Besucher im Kosmos Weimar und im Barockem Universum Gotha präsentiert bekommt.
So machten sich die Postersteiner Museumsfreunde auf den Weg nach Gotha, der einstigen Landeshauptstadt zur Zeit Hans Wilhelm von Thümmels. Sie begannen ihre Besichtigung im Herzoglichen Museum, also bei den Künsten. Der Ort ist hervorragend gewählt für die Abhandlung genau dieser Thematik, wie die exquisiten Exponate auch. Was fehlt, ist eine Einführung in die Gesamtkonzeption der Schau, offenbar rechneten die Ausstellungsmacher nicht mit dem Eigenwillen der Besucher, selbst auszuwählen, wo ihr Einstieg in die Landesausstellung stattfindet.
Über eigenwillige Besucher und Flure als Ausstellungsräume
Die Führung half da wenig, erschrocken verlor die Kollegin jedes Konzept, als ihr offenbar wurde, das da kundige Gäste vor ihr standen – schade!
Im Schloss selbst zeigte sich, dass Flure sich meistens nicht als Ausstellungsräume eignen.
Die ausgestellten Exponate allerdings überzeugten. Ein besonderes Objekt (passend zu unserer Thematik) war beispielsweise der Schlüssel eines Kammerherrn – Thümmel wurde 1776 Kammerrat an der Gothaer Kammer und im selben Jahr zum Kammerherrn ernannt – im Kontext einer witzigen Darstellung der „Pyramide des Gothaer Hofdienstes“ mittels Schachfiguren.
Schließlich hatte sich ja Thümmel hochgedient vom Pagen der Herzogin Luise Dorothea (1710–1767) zum Minister ihres Sohnes Ernst II. (1745–1804) und ihres Enkels August (1772–1822). Die Pagenstelle bekam Thümmel 1760 durch seinen Patenonkel, den Oberhofmarschall Hans Adam Friedrich von Studnitz (1711–1788). In seinen Werk „Historische, statistische, geographische und topographische Beyträge zur Kenntniß des Herzogthums Altenburg. Herausgegeben von Hans von Thümmel. Altenburg 1818“ widmete er unter anderem seiner Mentorin Luise Dorothea wie auch der Herzogin Anna Dorothea von Kurland ein längeres Porträt.
Einer der engsten Vertrauten des Herzogs
Unter Herzog Ernst II. wurde Thümmel 1791 Geheimer Rat und zählte zu den engsten Vertrauten des Herzogs. Thümmel sollte auch nach den Anweisungen im Testament des Herzogs dessen Begräbnis organisieren. 36 Stunden vor seinem Tod ließ Ernst II. seine „vertrautesten Freunde, einem nach dem andern an sein Bett kommen“, darunter auch Thümmel, der die Szene so beschrieb:
„Er drückte ihm zum letztenmale die Hand; und als die Thräne der innigsten Wehmuth auf die seinige fiel, sagte er [Ernst II.] unaussprechlich sanft: ‚Alter Freund, wir kennen uns schon lange; doch dieß ist wohl das erstemal, wo ich Ihnen wehe thue!‘ Und der Gott der Wahrheit sey Zeuge, daß in den 45 Jahren meines Lebens und Wehens um ihn es so war!“ (Thümmel, Beyträge, S. 93/94)
Später auf unserer Erkundungstour durch die Landesausstellung trafen wir auf Herzog Augusts Tochter Luise (1801–1831), die Stammmutter der Windsors. Thümmel war seit 1801 ihr Vormund. Er kümmerte sich bis zu ihrer Heirat mit dem Coburger Herzog Ernst 1817 um Finanzen und Erziehung. Luises Sohn Albert heiratete später Königin Victoria von Großbritannien. Nach der Scheidung wurde sie durch Bernhard August von Lindenau vertreten.
Schließlich erspähten wir sogar noch ganz am Rande Hans Wilhelm von Thümmel höchst selbst — als Büste von Friedrich Wilhelm Eugen Döll (1750–1816). Zwar konnte ihn niemand außer Fachbesucher wie wir erkennen, da die Beschriftung fehlte, genau wie bei Grassis Portrait von Lindenau — aber immerhin…
Der Gang durch den Schlosspark, vorbei an der Insel, auf der sich Ernst II. 1804, vereint mit der Natur bestatten ließ, rundete unseren Ausflug ab. Die Aussicht dereinst in den Wipfeln des Baumes dem Himmel entgegen zu sehen, ließ Thümmel sein Begräbnis in der 1000jährigen Eiche in Nöbdenitz lange vor seinem Tod vorbereiten. Vorbild war die Gothaer Begräbnisinsel.
von Marion Dinger / Museumsverein Burg Posterstein
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